Produktionsland: Deutschland
Produktion: Werner Kließ
Erscheinungsjahr: 1977
Regie: Hajo Gies
Drehbuch: Martin Gies
Kamera: Gernot Roll
Schnitt: Ingrid Träutlein-Peer
Spezialeffekte: -
Budget: ca. -
Musik: Birger Heymann
Länge: ca. 96 Minuten
Freigabe: FSK 12
Darsteller:
Hansjörg Felmy: Heinz Haferkamp
Gerhard Theisen: Karl Heinz Dahlmann
Jürgen Prochnow: Klaus Linder
Herlinde Latzko: Jutta Linder
Willy Semmelrogge: Willi Kreutzer
Karin Eickelbaum: Ingrid Haferkamp
Eva Maria Bauer: Mutter Dahlmann
Werner Abrolat: Vater Dahlmann
Holle Hörnig: Bärbel Koslowski
Hans-Joachim Krietsch: Vater Koslowski
Der 15jährige Karl Heinz Dahlmann stellt der 14jährigen Bärbel Koslowski nach. Nachdem diese ihn abweist fährt er ihr auf dem Fahrrad nach. Die Fahrt führt zu einem still gelegten Bahnhof. Bärbel ist dort mit Jemand anderen verabredet und als Karl Heinz Dahlmann versucht Bärbel zu küssen betritt dieser Jemand den Raum. Karl Heinz hält Bärbel den Mund zu vorauf sie erstickt…
Ein sehr ungewöhnlicher Tatort, bei dem der unbeabsichtigte Mord und somit der Mörder von Anfang an fest stehen. Der zwölfte Fall von Heinz Haferkamp ist allerdings nicht auf Grund der früh vermittelten Tatsachen uninteressant… ganz im Gegenteil. Hajo Gies, der später zahlreiche Schimanski –Tatorte drehte zeichnet mit „Das Mädchen von gegenüber“ ein besonderes Bild des Sonntag-Abend-Krimis. Es ist vielmehr die Psyche, der Zustand von Verlassenheit und Traurigkeit die innerhalb dieser WDR Produktion zum Tragen kommt. Eine Vorgehensweise die leichte Parallelen zu dem, im gleichen Jahr entstandenen Tatort „Reifezeugnis,“ aufweist.
Gies konzentriert sich auf das Seelenleben der Betroffenen und weiß durch die Kamerabilder von Gernot Roll eine depressive Grundstimmung zu vermitteln. Kleinigkeiten wie eine Bluse am Fenster vermitteln ein Gefühl von Melancholie, hingegen die Bilder eine Jahrmarkts und dessen Attraktionen ein Zeichen von Verlorensein. Äußerst ansprechend und auf einem hohen Niveau.
Natürlich muss man auf die Mitbringsel die zu einem Ausflug in die Stadt Essen im Jahr 1977 gehören, nicht verzichten. Zwar bekommt man leider keinen kleinen Einblick in die im Ruhrgebiet aufkeimende Punkbewegung, allerdings wird am Autoscooter der damalige Hitparadensound geboten. Abbas „Knowing me, knowing you“ schallt aus den Kirmesboxen und Karl Heinz Dahlmann präsentiert sich innerhalb kürzester Zeit als das typische Backpfeiffengesicht, der Nichts in die Reihe bekommt.
Innerhalb einer kleinen Wirtschaft ertönt beim Zusammentreffen von Heinz Haferkamp und seiner Ex-Ehefrau Ingrid, Rod Stewards „I am sailing“. Wir Nostalgiker sind also gut angekommen und vor allem auch sehr gut aufgehoben in diesem Tatort.
Der sonst so ruhige und besonnene Haferkamp wird innerhalb diese Falls in einer Situation äußerst laut und man kann dem Heinz auch keinen Vorwurf machen, denn Klaus Linder (gespielt von Jürgen Prochnow) ist einfach nur ein widerlicher Charakter. Jemand der mit keiner Aussage das sagt was Fakt ist, ein verlogenen Widerling der ein Verhältnis mit einer 14jährigen Schülerin hatte. Seine Frau Jutta (Herlinde Latzko) versucht ihren Mann so gut wie möglich zu schützen.
„Das Mädchen von gegenüber“ zielt sehr auf die psychischen Situationen seiner Hauptdarsteller, dieses macht den Film sehr interessant. Es wird ein Gefühl von einer absoluten Ausweglosigkeit und Hilflosigkeit vermittelt. Auch die Figur Haferkamp, die innerhalb des Tatorts, Preis gibt: Kaffka zu lesen, zeigt sich zum Ende als hilflos und melancholisch.
Gutes aus der WDR Tatort Küche. Ein mit viel Niveau angereicherter Bissen, der im Halse stecken bleibt.
8/10