Alternativer Titel: Der Baader Meinhof Komplex
Produktionsland: Deutschland
Produktion: Bernd Eichinger
Erscheinungsjahr: 2008
Regie: Eli Edel
Drehbuch: Bernd Eichinger
Kamera: Rainer Klausmann
Schnitt: Alexander Berner
Spezialeffekte: Adolf Wojtinek
Budget: ca. -
Musik: Peter Hinderthür, Florian Tessloff
Länge: ca. Kinofassung: 144 Minuten/ TV-Fassung: 152 Minuten
Freigabe: FSK 12
Darsteller: Martina Gedeck, Moritz Bleibtreu, Johanna Wokalek sowie Bruno Ganz, Jan Josef Liefers
„Der Baader Meinhof Komplex“ zeigt die Entstehung und die Ausübung des Terrorismus in Deutschland innerhalb der Zeitspanne von 1967 bis 1977. Uli Edels Film ist eher weniger an den Beweggründen als an der Ausrichtung eines massentauglichen Kinoereignisses interessiert. Die Actionszenen werden sehr reißerisch verpackt. Edel scheint hier mehr an der Befriedigung des Kleingeistes zu liegen, als differenziert auf die Entwicklung der am Terrorismus beteiligten Personen einzugehen.
Die Darsteller (zumindest einige) machen ihre Sache recht ordentlich soweit es ihnen das Drehbuch zulässt. Johanna Wokalek überzeugt als Pastorentochter Gudrun Ensslin und Martina Gedeck als egozentrisch zerrissene Ulrike Meinhof. Ein tieferes Eingehen auf die Personen wäre auf Grund der schauspielerischen Fähigkeiten zweifelsohne möglich gewesen. Moritz Bleibtreu vermittelt die Rolle des Andreas Baader so wie man es erwartet hat. Ein Prolet bei dem ein revolutionäres Denken sehr aufgesetzt erscheint und der eher an Randalen interessiert ist. Das Andreas Baader lieber Comics gelesen hat als anspruchsvolle Literatur ist Fakt, aber ein wenig mehr Glaubwürdigkeit anstatt 08/15 Revolutionsparolen hätte der Figur Baader wesentlich besser zu Gesicht gestanden. Daniel Lommatzsch ist als Christian Klar ein ziemlicher Totalausfall. Niels-Bruno Schmidt als Jan Carl Raspe hingegen gut. Sebastian Blomberg, der einen kurzen Auftritt als Rudi Dutschke hat, muss man zu Gute halten, dass er dem Wortführer der westdeutschen Studentenbewegung sogar recht ähnlich sieht. Auch seine politischen Reden und die damit verbundene Anfangseuphorie werden recht gut eingefangen.
„Der Baader Meinhof Komplex“ legt los wie die Feuerwehr. Der Besuch vom Schah, das Erschießen von Benno Ohnesorg, das Attentat auf Dutschke, Alles folgt wie aneinandergekettet im Schnelldurchlauf und rast über die Leinwand/ den Bildschirm/ das Panel. Die Vorgehensweise eines „Nicht Luft holen lassen“ für den Zuschauer. Eine Vorgehensweise die zum einen überfordert, zum anderen unterfordert. Ich persönlich bevorzuge die zweite Auswahlmöglichkeit, denn diese Eilvermittlung im Mainstream-Action-Stil geht nach hinten los. Natürlich stützt sich Edels Film auf die Historie, kann jedoch niemals das wieder spiegeln was Aust in seinem Buch beschrieb. Edel ist, wie bereits erwähnt, zu sehr auf die Massentauglichkeit des Films aus, welche somit eine Themenerforderliche Tiefsinnigkeit vermissen lässt.
Das Einspielen der damaligen Nachrichten-Beiträge wurde zum Glück nicht nachgestellt und man kann die damaligen Ausstrahlungen so sehen wie es sich gehört. Ähnlich dem Vorgehen in Heinrich Breloers „Todespiel“, nur mit dem Unterschied dass Breloers Film natürlich grundsätzlich dokumentarisch ausgelegt ist.
Äußerst seltsam erscheint mir das dargestellte Verhalten der Terroristen innerhalb des Trainingslagers in Jordanien. Das ständige Auflehnen gegen Regeln und das unbekleidete in der Sonne liegen der weiblichen Terroristen ist vollkommen deplaziert. Es handelt sich um kein Thema in dem Sex präsentiert werden sollte, wir sind in einem jordanischen Trainingscamp und nicht in einem Erotikfilm. Opium for the Masses!... oder wie auch immer…
...take it or leave it.
Edels Abrechnung mit dem deutschen Terrorismus zeigt in einem Fall jedoch auch ein hartes Vorgehen der Polizei bei einem Verhör. Holger Meins wird von den Beamten geschlagen und getreten. Weiterhin wird auch auf das bekannte Fahndungsplakat angespielt auf dem jeder Abgelichtete nach seiner „Ergreifung“ mit einem Kreuz versehen wurde.
Die Situation in Stammheim erfährt eine ausführlichere Darstellung, als diese beispielsweise bei anderen Gegebenheiten und Situationsdarstellungen praktiziert wurde. Der Stammheim-Prozess hält sich zwar zurück und man wird nicht übermäßig mit den von Baader und Ensslin ausgesprochenen Staatsbeleidigungen konfrontiert. Allerdings wird die Situation von Ulrike Meinhof, sprich deren Hilflosigkeit und Verlorensein vermittelt.
„Ihr habt die Leute nie gekannt. Hört auf sie so zu sehen wie sie nie waren!“
verkündet Brigitte Mohnhaupt zum Ende des Films gegenüber der RAF Folgegeneration. Eine Aussage die natürlich an die gegenwärtigen glorifizierenden Sympathisanten der RAF gerichtet ist. Wenn das Alles ist was Edel zum Vernichten dieser Anschauungen hinsichtlich der ersten RAF Generation zu bieten hat, dann ist dieses reichlich wenig.
Fazit: Deutsche Pseudo-Geschichtsbewältigung die schwerpunktmäßig darauf aus ist ein Mainstreampublikum mit einer Sensationslüsternden Aktion nach der anderen zu versorgen, anstatt in die Tiefe zu gehen. Michael Althen trifft es in einem Artikel der F.A.Z. mit der Aussage „Polit-Porno“ ziemlich genau.
5,5/10