Anarchoshnitzel schrieen sie - Oliver Maria Schmitt (Roman)

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      Anarchoshnitzel schrieen sie



      Autor: Oliver Maria Schmitt
      OT: -
      Verlag: RoRoRo
      Seiten: 344
      Erschienen: 2008
      ISBN: 978-3-499-24343-1


      Peter Julius Hein fürchtet sich vor dem bösen Osten Deutschlands. Leider muss er da aber hin, was völlig unvermeidbar ist. Und so macht er sich mit seinem Freund Dr. Hollenbach, welcher Tablettensüchtig aber kein Arzt ist, auf in die Zone. Dazu muss man aber sagen, dass die Mauer schon seit einigen Jahren nicht mehr steht. Grund der Reise ist die Zusammenführung der Gruppe Senf“. Eine verflossene Punkrockgruppe aus den tiefen der Westdeutschen Punkrockgeschichte. Nie erfolgreich gewesen, nie auch nur einen richtigen Song geschrieben und stets nur auf Dorffesten zu erbärmlichen Ehren gekommen. Ihr größter Hit: „Scheißstaat“. Doch jetzt gilt es die Band wieder zusammenzutrommeln. Ein großer TV - Auftritt steht an. Leider haben sich die ehemaligen Punker über die ganze Republik verteilt und sind inzwischen vieles, auch Tod, aber keine Punkrocker mehr. Doch Peter geht es auf dieser Reise um mehr. Er möchte auch seine Jugendliebe Itty Lunatic wieder sehen, welche im Braunkohletagebau bei Horno mit einer militanten Widerstandgruppe gegen die Braunkohlebagger kämpft. Das Abenteuer kann beginnen!
      Und was für ein Abenteuer! Was den Leser hier erwartet, ist wirklich unglaublich und so fantastisch, dass man es natürlich nicht glaubt was hier abgeht. Aber, der Autor des Buches hat den eindeutigen Vorteil, dass er absolut genial schreiben kann. So fügt sich Satz an Satz, Kapitel an Kapitel und trotz der Haarsträubenden Geschichte, in welcher auch noch die Russenmafia, ein aufmüpfiger Teenager, ein schleimiger Manager, ein Ostdeutscher mit dem Namen Thor Steinar (eine der tragischsten Figuren des Buches!) sowie diverse weitere absolute Freaks, vorkommen, fängt man an, alles zu glauben, was hier erzählt wird. Ja, man begibt sich auf einen Trip durch Zeit und Raum. Hinein in die Lebenswelten gescheiterter Existenzen. Voller Selbstzweifel, voller Selbstbetrug, voller mieser Beziehungskisten, Drogen und Kleinkriminalität.
      Das klingt jetzt alles ganz schlimm, ist es auch. Aber zum Glück hat Autor Schmitt den Schalk im Nacken. So überspitzt er sämtliche Situationen immer ins Lächerliche, würzte mit einer Wagenladung teils bitterbösem Sarkasmus und Ironie sowie der nötigen Dosis Tragik, um den Leser ständig aufs Neue zu fesseln und vor allem mit irrwitzigen Wendungen und Ereignissen in der Geschichte, immer wieder aufs Neue zu Überraschen.
      Das liest sich einfach alles nur großartig und absolut brillant. Dieses Buch gehört auf jeden Fall zu den besten „Punkromanen“, welche die immer noch anhaltende Bücherwelle zu diesem Thema hervorgebracht hat. Denn hier wird wirklich über die Daseinsberechtigung eines Lebens als Punker philosophiert. Welche Ideale hat man einmal vertreten oder war alles nur eine blöde Pseudoshow? Inwieweit hat man sich selbst verraten und wie findet man wieder zu den längst versenkten Idealen zurück? Schmitt gibt keine Antworten. Er lässt seine Antihelden lieber scheitern und den Leser sich an dem Leid laben. Das ist absolut gemein, berührt beim Lesen aber umso mehr.
      Und noch einmal: ein absolut umwerfendes, großartiges Buch!