Produktionsland: Frankreich, Deutschland
Produktion: Marie-Laure Reyre
Erscheinungsjahr: 1981 (in Deutschland erstmals 2009)
Regie: Andrzej Zulawski
Drehbuch: Andrzej Zulawski
Kamera: Bruno Nuytten
Schnitt: Marie-Sophie Dubus, Suzanne Lang-Willar
Spezialeffekte: Carlo Rambaldi, Charles-Henri Assola, Daniel Braunschweig
Budget: ca. 3 Millionen U.S. $
Musik: Andrzej Korzynski
Länge: ca. 118 Minuten
Freigabe: FSK 16
Darsteller: Isabelle Adjani, Sam Neill, Heinz Bennent, Margit Carstensen, Johanna Hofer, Carl Duering, Shaun Lawton, Michael Hogben, Thomas Frey, u.a.
Inhalt:
Der im geteilten Berlin lebende Mark kehrt nach einer längeren Agententätigkeit nach Hause zu seiner Frau Anna und seinem Sohn zurück. Anna hat sich inzwischen sichtbar von ihrem Mann entfremdet und gibt ihm gegenüber ganz offen zu, dass sie eine Affäre mit dem Esoteriker Heinrich hat. Allerdings hat Anna dennoch ein Geheimnis, eines, dass weitaus verstörender ist, als es sich Mark zunächst vorzustellen vermag...
Trailer:
Deutsche DVD Fassung: 06.11.2009 (Verleih: 06.11.2009)
Meine Meinung:
Andrzej Zulwaski, das Enfant terrible des polnischen Kinos, der v.a. durch "Nachtblende" (1975), einem düsteren, provokanten Film über die Abgründe der Liebe (mit Romy Schneider und Klaus Kinski) bekannt sein dürfte, drehte Anfang der 80er diese rätselhafte Tour de Force mit einer grandios aufspielenden Isabelle Adjani und einem noch unbekannten Sam Neill ("In the Mouth of Madness") in den Hauptrollen. Obwohl Adjani für ihre Leistung einen Preis bei den Cannes Filmfestspielen von 1981 gewann und der Film ausschließlich in Berlin spielt (und darüber hinaus mit etlichen deutschen Schauspielern besetzt ist), erschien "Possession" nie offiziell in Deutschland. Erst das engagierte, junge Label "Bildstörung" veröffentlichte diesen Klassiker des Mitternachtskinos am 06.November 2009 bei uns (übrigens im Originalton mit Untertiteln, eine deutsche Syanchronisation wurde Gott sei Dank nicht angefertigt).
Was anfangs wie ein besonders intensives Ehedrama aussieht (und dabei Erinnerungen an Ingmar Bergmans "Szenen einer Ehe" wachruft), entwickelt sich mit zunehmender Laufzeit zu einer obskuren Metapher auf Annas quälende Einsamkeit und Verlangen nach absoluter Liebe, die sie in der langen Abwesenheit von ihrem Mann nicht bekommen konnte. "Possession" besitzt eine ungeheuer subjektive Perspektive, die Kamera "klebt" förmlich an den beiden Protagonisten. Gerade die teilweise schockierend authentischen Ehestreitereien machen es dem Zuschauer nahezu unmöglich, Distanz zu wahren. Darüber hinaus lebt "Possession" von seiner Bildsprache, die Zulawski selbst als Allegorie auf das geteilte Berlin bzw. das "Böse" in Form des Kommunismus verstanden wissen wollte. Viele Szenen des Films wurden in Kreuzberg gedreht und gleich zu Anfang zeigt das erste Bild einen Teil der Berliner Mauer.
Der in Großbritannien lange als "Video Nasty" verbotene "Possession" ist in seiner Mischung aus Kunstfilm und Bahnhofskino-Schocker wohl einzigartig. Denn der Film entwickelt sich urplötzlich zum Horrorfilm und zeigt eine durch und durch physische Kreatur, die Anna in der wohl berühmtesten Szene des Films nicht nur geboren hat, sondern mit der sie auch schläft. In den (wenigen) Szenen, in denen die Tentakelartige Kreatur zu sehen ist, fährt "Possession" gar waschechte Splattereffekte auf.
Als ob das noch nicht reichen würde, taucht plötzlich auch noch ein Zwilling von Anna auf, mit der der gefrustete Mark sogleich eine Liebesaffäre beginnt.
Im actionlastigen Finale schlägt "Possession" gar die Brücke zum Body-Horror von David Cronenberg und endet zwar in einem Inferno der Zerstörung, kündigt aber dennoch eine "alternative Zukunft" für Anna und Mark an. Gerade dieser Schluss läßt den Film noch sonderbarer wirken. Darüber hinaus verwirren einige religiöse Motive den Rezipienten, denn Anna strebt nichts anderes an, als eine Gottheit zu erschaffen, die sie von ihren eigenen Sünden reinwaschen soll.
"Possession" ist ein seltsamer und ungemein intensiver, abgründiger Zwitter, wie ihn wohl nur Zulawski schaffen konnte. Jeder, der ihn gesehen hat, wird ihn wohl anders interpretieren. Für mich ist der Film ein schockierendes Drama über die Abgründe der menschlichen Seele in der Maske eines blutigen Horrorfilms.
Wer mal etwas WIRKLICH ANDERES sehen will, dem sei "Possession" nachdrücklich ans Herz gelegt.
Allein der Schmerz vermag es, dich spüren zu lassen, dass du wirklich existierst.