Alfred Hitchcock
Die dunkle Seite des Genies
Autor: Donald Spoto
OT: The Dark Side of Genius
Verlag: Piper
Seiten: 684
Erschienen: 1999
ISBN: 3-492-22798-8
Was für ein grandioses Buch oder besser gesagt, eine Biografie, über einen der bekanntesten Regisseure des Filmuniversums. Den Ausdruck des besten Regisseurs kann man sich dabei sicher sparen, denn auch Hitchcock hat schwache Werke vorzuweisen. Aber darum soll es hier nicht gehen, denn das kann der geneigte Leser in diesem Buch nachlesen.
Und dieses Buch hat es in sich. Auf fast 700 Seiten zelebriert Autor Spoto das Leben von „Hitch“. Von dessen Geburt an, bis zum Tod. Dabei wird das Leben dieses Künstlers bis auf das kleinste Detail dem Leser näher gebracht. Allerdings erfährt man über das Privatleben Hitchcocks nicht so viel, denn jenes wurde streng behütet. Und so stammen die wenigen Details von engen Weggefährten, die auf die privaten Angelegenheiten Hitchcocks eingehen. Aber auch Spoto packt so manche Anekdote aus, wobei sich der große „Hitch“ als komischer Kauz entpuppt, dessen psychisches Innenleben mehr als nur etwas merkwürdig anmutet. Hitchcock, der Mann mit dem Sinn für makabere Scherze und Geschenke (Tonnen an Fisch oder 100te Kanarienvögel gefällig? Kein Problem!) und einem morbiden Hang zum nekrophilen. Hitchcock der Perfektionist, der nichts dem Zufall überlässt. Hitchcock der Verehrer unerreichbarer Frauen und Hitchcock der Ehemann. Über all das wird auf das ausführlichste in diesem Buch berichtet. Detailgetreu, mit Zeitzeugen untermalt.
Doch natürlich ist das nicht alles, denn Hitchcock der Regisseur wird natürlich in diesem Buch weit in den Vordergrund gestellt. Spoto analysiert die Filme des Hitchcocks und spart dabei auch nicht mit Kritik oder mit Lob. Am interessantesten sind aber natürlich die unzähligen Episoden von den Drehs zu den jeweiligen Filmen. Wer konnte mit wem und wer nicht und wer hat mit wem und wer wollte mit wem. Wer hat was gemacht, wer hat wen in die Scheiße geritten und wer hat wen übers Ohr gehauen? Welchen Einfluss hatten die Studios auf Hitchcocks Filme und was setzte Hitchcock dem Druck der Produzenten, Drehbuchschreiber und Studiobossen entgegen? Auf all das und noch vieles mehr gibt es in diesem Buch Antworten.
Der große Spaß dabei ist, das Spoto auch noch brillant und spannend schreiben kann. Dieses Buch hat mich trotz seines enormen Umfangs und Detailreichtums nie wirklich losgelassen. Gefesselt von Hitchcocks interessantem, von Höhen und Tiefen gezeichneten Lebens, wird er Leser in eine scheinbar fremde Welt entführt. Eine Welt, die nach Außen hin gern glitzert, bei genauerem betrachten aber menschliche Untiefen und Abgründe offenbart.
Und letztendlich ist dieses Buch nicht nur ein Buch über Hitchcock, sondern auch ein Buch über das Filmemachen an sich. Kniffs und Tricks in Hitchs Filmen werden erklärt. Komponisten, Drehbuchschreiber und natürlich Darsteller kommen zu Wort. Leider findet sich kein einziger Kommentar von Perkins zu Psycho. Aber dies ist so ein kleines negatives Detail in einem riesigen Buch voller praller Informationen, dass man dies doch verschmerzen kann. Schon die Erläuterungen zu den Dreharbeiten zu Filmen wie „Die Vögel“ oder „Psycho“, um im Genre zu bleiben, könnten ganze Bücher füllen. Muss aber nicht, denn hier bekommt man wahrscheinlich alles Relevante auf einen Blick geliefert. Ein absolut empfehlenswertes Buch für alle Hitch – Freunde.