Drei Pistolen gegen Cesare

    • Drei Pistolen gegen Cesare

      Produktionsland: Italien, Algerien
      Produktion: Carmine Bologna
      Erscheinungsjahr: 1967
      Regie: Enzo Peri
      Drehbuch: Carmine Bologna, Enzo Peri, Piero Regnoli
      Kamera: Otello Martelli
      Schnitt: Adriana Novelli
      Musik: Marcello Giombini
      Länge: ca. 74 Min.
      Freigabe: FS 16
      Darsteller: Carmine Bologna, Enzo Peri, Piero Regnoli, Thomas Hunter, James Shigeta, Nadir Moretti, Gianna Serra, Delia Boccardo, Umberto D'Orsi, Femi Benussi, Ferruccio De Ceresa, Vittorio Bonos, Adriana Ambesi, Gino Bardi, Gianluigi Crescenzi, Enrico Maria Salerno, Nicola Di Gioia, José Galera Balazote





      Whittaker Selby erhält von einem Notar ein Schriftstück, das ihn (Selby) als den Erben einer Goldmine ausweist. Folglich macht sich der Nachlassempfänger auf den Weg nach Laredo, wo er mit Etienne Devereaux und Lester Kato aneinander gerät. Nach kleinen Handgreiflichkeiten stellen die Männer fest, dass sie den gleichen Vater haben und Halbgeschwister sind. Die Goldmine und das Land ihres Vaters (Langdon) befinden sich mittlerweile im Besitz von Julius Cesar Fuller, der als grausamer Tyrann über Laredo regiert. Doch das Trio lässt sich nicht einschüchtern. Mithilfe der Barsängerin Mady, Langdons Adoptivtochter, treten sie gegen Fuller und seine Privatarmee an. Werden sie zu ihrem rechtmäßigen Erbe kommen? Oder wird sie der große Cesar vernichten?

      „Three riders on heading for Laredo.
      Three strangers for Laredo.
      Young riders what brings you to Laredo?
      Young strangers why Laredo?”

      So die Anfangszeilen des Titelsongs, der innerhalb des Abspanns als “The three golden boys” firmiert wird. Eine tolle, von Don Powell interpretierte Melodie welche die Synapsen zum Pogotanz animiert. Die Auftakthymne zu einem Italo-Western, der einige abgefahrene Ideen im Schlepptau hat. Leider nutzt der Film sein gewaltiges Potential nicht immer konsequent aus. Warum das so ist…

      …schau'n mer mal. (Franz Beckenbauer)

      Whittaker Selby (gespielt von Thomas Hunter) schlägt sich als Falschspieler durchs Leben. Wer ihm zu nahe tritt, den schickt er mit seinem vierläufigen Colt in die „Ewigen Jagdgründe“. Selby lässt sich (zu Beginn) nicht einwandfrei einschätzen. Es gibt zwei Stressmomente, da beginnt sein Kopf leicht zu zittern (als hätte er „eine Schraube locker“). Man hat den Eindruck, dass er in der nächsten Sekunde einen Anfall bekommen könnte. Dieser (mögliche) psychologische Ansatz wird allerdings nicht ausgespielt. Somit verschenkt man die Gelegenheit dem Charakter Whittaker Selby eine ganz spezielle (unberechenbare) Aura zu verpassen. Nach einem starken Auftritt während des ersten Filmdrittels, wird die Präsenz des Protagonisten (Thomas Hunter) nämlich um einiges reduziert, sodass die Figur Selby fortan als eine von vielen fungiert bzw. agiert.

      Da Langdon (Selbys Vater) kein „Kostverächter“ war, hat Whittaker einen Franzosen und einen Japaner zum Bruder. Eine Zusammenstellung, die mich an „Rivalen unter roter Sonne“ sowie an „Karate Jack“ erinnert. Von einem „Kampf der Kulturen“ ist bei „Drei Pistolen gegen Cesare“ allerdings nichts zu spüren. Die drei verstehen sich blendend. Schade, denn diese explosive Konstellation hätte für ein mächtiges Rambazamba (im Spiel mit den gesellschaftlichen Vorurteilen) sorgen können. Selbys japanischer Halbbruder Lester Kato (gespielt von James Shigeta) hält (scheinbar) wenig von asiatischer Kampfkunst, so dass wir auf derartige Einlagen leider verzichten müssen. Der dritte im Bunde der „Bruderschaft“, der Franzose Etienne Devereaux (ein ähnlicher Typ wie Paul Regret bei „Die Comancheros), verfügt über hypnotische und telekinetische Fähigkeiten, die er bedauerlicherweise nur innerhalb der ersten Filmhälfte einsetzt. Die Rolle des „magischen Zockers“ wird von Nadir Moretti verkörpert. Nadir macht seine Sache recht gut, allerdings wäre Mark Damon die bessere - ich bin sogar so vermessen und schreibe: die perfekte Wahl gewesen.

      Der weibliche Hauptpart geht an die überaus attraktive Delia Boccardo als Barsängerin Mady, die gleich zu Beginn einen unglaublichen Auftritt hinlegt. Während sie im Saloon „I got me a gun“ trällert, ballert sie immer wieder mit zwei Colts in die Luft. Die Stimmung ist derart ausgelassen, dass die Gäste ebenfalls (in bester Karl May-Western-Manier) ihre Colts „sprechen“ lassen. Bei ihrem zweiten Saloonauftritt geht es gemäßigter zur Sache. Lässig ans Klavier gelehnt, singt Delia „The Streets of Laredo“. Ein amerikanisches Volkslied, das zum Standartrepertoire der Country- und Western-Mucke zählt. Falls es jemanden interessieren sollte, Delias Performance ist nicht an den Klavierauftritt der Monroe in „Fluss ohne Wiederkehr“ angelehnt. Soviel Phantasie kann niemand haben.

      Der größte Star, und zugleich der Clou des Films, sind die Kulissen und die Geflogenheiten auf dem Anwesen von Julius Cesar Fuller. Der Besitzer macht seinem Namen alle Ehre und lebt im Stile eines Caesaren. Von schönen Frauen umgeben, genießt Julius ein entspannendes Dampfbad und lässt sich dabei den Brustpelz kraulen. Ein versoffener Professor liest ihm aus der „Biografie“ des wahren Caesar vor, und sein engster Vertrauter, der fette und feige Bronson tappt von einem Fettnäpfchen in das nächste. Auf dem „Hofe“ wird getanzt wie bei Lorenzo Onoratis „Caligula - Imperator des Schreckens“. Der Aufbau dieses Freilichtschauplatzes gleicht einer (extrem) kostengünstigen Variante eines Forum Iulium (Caesarforum). Vom pompösen Kolossalstil bekannter Sandalenfilme um Lichtjahre entfernt…

      …und das ist auch gut so. (Klaus Wowereit)

      Den „Caesar des Cowboyfilms“ spielt ein gut aufgelegter Enrico Maria Salerno, dessen Kinn ein spitzbübischer Spitzbart ziert. Was bei den anderen Charakteren weniger ausgeschöpft wird, bietet Julius Cesar Fuller zuhauf. Eine überdrehte Karikatur, die es liebt in jeder Minute seines irdischen Lebens gelobt zu werden. Das Gebaren erinnert an Frank Wolffs (Aguilar bei „Ein Dollar zwischen den Zähnen“) „fishing for compliments question”: „What kind of man am I, Marinero?” Salerno gelingt es (mit seinem Spiel) dem Caesaren Julius (wie man ihn aus historischen Analysen kennt) recht nahe zu kommen. Denn dessen Charme und Höflichkeit sowie seine geistvolle Heiterkeit brachen in der Spätphase seiner Amtszeit nur noch in einer aufgesetzten Form durch. Und eben dieses Aufgesetzte und Theatralische hat Enrico (aber so was von) drauf.

      Fullers Privatarmee besteht aus einheitlich gekleideten Cowboys. Eine „SS Truppe“ im Wilden Westen, ähnlich wie die Jungs bei „Töte, Django“. Wenn es für Cesars Schutzstaffel gut läuft, dann tobt „sie“ sich auch schon mal mit Folter aus, denn Whittaker Selby soll über dem Feuer geröstet werden. Eine weitere Besonderheit ist ein alberner Catfight zwischen Delia Boccardo und Gianna Serra, den man sich hätte „schenken“ können. Abgesehen davon, präsentiert der Film einen angenehmen und kalauerfreien Humor. Die deutsche Bearbeitung der Berliner Synchron bietet die grandiosen Stimmen von Christian Brückner, Gert Günther Hoffmann, Michael Chevalier, Heinz Petruo sowie Siegmar Schneider als Whiskeyvernichtender Professor. Super!

      Bei „Drei Pistolen gegen Cesare“ haben Leerlauf und Langatmigkeit keine Chance. „Hier“ ist immer was los. Doch aufgrund der zahlreichen Charaktere und deren scharmützelartigen Kapriolen, kann man (schon mal) die eigentliche Story aus den Augen verlieren. „Macht aber nix“, schließlich kommt uns der Plot um die Suche nach Reichtum und Gold eh gewaltig bekannt vor.

      Fazit: Keine Frage, diese in Nordafrika gedrehte „Western-Groteske“ macht sehr viel Spaß, denn sie gibt jedem (vertretenem) Klischee eine reelle Berechtigungschance. Unter dem Strich gesehen werden die Möglichkeiten einer nahezu bombastischen Grundkonstellation jedoch nur teilweise ausgenutzt.

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