DIRTY PICTURES und ITALO CINEMA präsentieren: Die Rückkehr der gnadenlosen Welt des Italowestern 2018

    • DIRTY PICTURES und ITALO CINEMA präsentieren: Die Rückkehr der gnadenlosen Welt des Italowestern 2018




      Dirty Pictures & Italo-Cinema präsentieren:

      Die Rückkehr der gnadenlosen Welt des Italowestern[/b]

      13.04 -15.04. 2018 Komm Kino, Nürnberg

      Vor 53 Jahren lief Sergio Leones „Für eine handvoll Dollar“ in den deutschen Kinos an und der Italowestern wurde geboren.
      Auf Grund des großen Erfolgs entstand eine noch erfolgreichere Fortsetzung… danach konnte niemand den Siegeszug des neuen Genres aufhalten!

      Auch unser Italowestern Festival aus dem Jahr 2017 war erfolgreich und schreit nach einer Fortsetzung.
      Macht euch gefasst auf DIE RÜCKKEHR DER GNADENLOSEN WELT DES ITALOWESTERN!

      Italo-Cinema und Dirty Pictures präsentieren gemeinsam erneut einen Streifzug durch das Genre. Originalgetreu von 35mm zeigen wir Klassiker und fast vergessene Raritäten, abgerundet durch zahlreiche und selten gezeigte Kinotrailer aus dieser glorreichen Zeit.

      Wir freuen uns auf euer Erscheinen… es heißt wieder Colt umschnallen, den Whiskey runterspülen und die schönen Bilder auf der großen Leinwand genießen... nicht zu vergessen die unglaubliche musikalische Untermalung, die nur im Kinosaal ihre vollkommene Wirkung entfaltet.

      Nach der großen Nachfrage haben wir die Filmanzahl auch gleich erhöht:

      3 Tage = 9x Bleivergiftung

      Die Filme werden nach und nach bekannt gegeben!

      Timetable:

      Freitag, 13.04.

      21:15 Uhr [ES GEHT UM DEINEN KOPF, AMIGO!
      23:15 Uhr [DJANGO – NUR DER COLT WAR SEIN FREUND]

      Samstag, 14.04.

      14:00 Uhr [OKLAHOMA JOHN]
      16:00 Uhr [DJANGO - DER RÄCHER)
      21:15 Uhr [FÜR EIN PAAR DOLLAR MEHR]
      23:15 Uhr [VERDAMMT ZU LEBEN – VERDAMMT ZU STERBEN]

      Sonntag, 15.04.

      13:00 Uhr
      15:00 Uhr
      17:00 Uhr


      Ticketinfos:
      Dauerkarte: tba
      Einzelkarten: tba

      Reservierung der Dauerkarten: reservierung[at]kommkino.de

      Ort:
      Filmfabrik – Kino im Komm e. V.
      Königstr. 93
      90402 Nürnberg
    • Los geht's, wir starten in das Festivalwochenende mit einer verschollen geglaubten Kinosynchro, die bisher nicht fürs Heimkino (TV, DVD) ausgewertet wurde.

      ES GEHT UM DEINEN KOPF, AMIGO
      (RINGO, IL VOLTO DELLA VENDETTA)
      ITA / ESP 1966 – DF – 88 Min. – 35 mm
      Regie: Mario Caiano
      Buch: Mario Caiano, Eduardo M. Brochero
      Kamera: Julio Ortas
      Musik: Francesco de Masi
      Mit Anthony Steffen, Frank Wolff, Eduardo Fajardo, Armando Calvo



      Ringo (Anthony Steffen) und sein langjähriger Freund Tim (Eduardo Fajardo) zählen gerade ihre letzten Kugeln als sie Zeuge werden, wie ein paar Mexikaner den wehrlosen Fidel (Armando Calvo) zusammenschießen wollen. Irgendwie wittert Ringo aber eine Einnahmequelle und so retten sie Fidel, was ihnen allerdings nicht viel einbringt. Als sie in der nächsten nahegelegenen Stadt eintreffen, ist Fidel bereits dort in einem Kartenspiel mit Tricky (Frank Wolff) verstrickt und steckt wieder einmal bis zum Hals in Schwierigkeiten. Ringo und Tim retten ihn erneut und erfahren von einer Schatzkarte, deren erste Hälfte auf Fidels Rücken tätowiert ist. Die zweite Hälfte befindet sich auf dem Rücken von Fidels ehemaligem Knastkumpel und heutigem Sheriff Sam (Alfonso Godá). Man will sich gemeinsam auf die Suche nach dem versteckten Gold begeben, doch die Sache hat mehrere Haken: Tricky hat sie belauscht und ist mit von der Partie, der Sheriff will nicht teilen und jeder versucht, den anderen übers Ohr zu hauen. Auf dem Weg zum Gold begegnet Ringo der Mexikanerin Manuela (Alejandra Nilo), die die Bewohner eines Dorfes lynchen wollen, weil ihr Bruder zu einer Gangsterbande gehörte, die das Dorf terrorisiert hat. Ringo verliebt sich in sie und will sie mitnehmen, und so kommt es nun auch zu einem Konflikt mit seinem Freund Tim. Schließlich hat Ringo genug von Fidels und Trickys Betrugsversuchen und begibt sich mit Manuela allein auf die Suche – doch Tricky wartet schon mit ein paar brutalen Schlägern auf ihn am Fundort.

      Regisseur Mario Caiano gehört zu den italienischen Regisseuren, die man als Routiniers bezeichnen kann. Dass die Endergebnisse dennoch von mitunter recht unterschiedlicher Qualität waren, muss man wohl der Tatsache zurechnen, dass Caiano einerseits ein sehr gebildeter und andererseits humorvoller Mann war, dem es wohl schwerfiel, manches, was man ihm da an Aufträgen gab, auch wirklich ernst zu nehmen. Dabei schrieb er meist an den Drehbüchern mit, konnte wohl lediglich das jeweilige Genre nicht aussuchen, das war vom Publikumsgeschmack und den Produzenten vorgegeben.

      „Es geht um deinen Kopf, Amigo!“ erzählt eine spannende Abenteuergeschichte um eine Schatzsuche, zu der sich recht unterschiedliche und mitunter natürlich wenig vertrauenswürdige Charaktere zusammenfinden. Wer will schon einen Kerl namens „Tricky“ bei einer Schatzsuche dabeihaben? Dabei ist „Es geht um Deinen Kopf, Amigo!“ erstaunlich unbeständig. Die Schatzsuche wird mal humorvoll, mal spannend bis brutal und schließlich mit einer Liebesgeschichte gewürzt. Das heißt, eigentlich sind es zwei Liebesgeschichten. Denn dass Ringo sich später in Manuela verliebt, trübt doch sehr seine langjährige „Beziehung“ mit seinem väterlichen Freund Tim und dieses Drama entwickelt sich schließlich zu einer menschlichen Katastrophe.

      Nicht unerwähnt sollte dabeibleiben, dass Anthony Steffen mit so mancher Entwicklung schauspielerisch überfordert wird, was mich immer wieder überrascht, denn schaut man sich seine Anfänge als Darsteller an, so hat er mit einigen namenhaften Regisseuren ein paar bemerkenswerte Rollen gespielt. Vielleicht waren die Genrefilm-Schnellschüsse problematisch für ihn, und er hätte eine strengere Führung gebraucht. Das tut seiner Beliebtheit als Heldendarsteller vornehmlich in Western selbstredend keinen Abbruch. Und es macht ebenfalls Spaß, Eduardo Fajardo mal in einer doch etwas andersartigen Rolle zu sehen.

      Gerald Kuklinski

      Freitag, 13.04.2018 | 21.15 Uhr
    • Der Freitagabend endet mit einem Film ohne digitale Auswertung bisher in Deutschland, präsentiert in Technicolor und Cinemascope:

      DJANGO – NUR DER COLT WAR SEIN FREUND
      (DJANGO SPARA PER PRIMO)
      ITA 1966 – DF – 87 Min. – 35 mm
      Regie: Alberto de Martino
      Buch: Massimo Capriccioli, Tito Carpi, Sandro Continenza, Alberto De Martino, Vincenzo Flamini, Giovanni Simonelli
      Kamera: Riccardo Pallotini
      Musik: Bruno Nicolai
      Mit Glenn Saxon, Fernando Sancho, Ida Galli, Erica Blanc



      Revolverheld Glenn (Glenn Saxson) – der sich selbst auch gern mal Django nennt – schnitzt gerade ein Kreuz als ihm Kopfgeldjäger Ringo begegnet, die Leiche von Glenns gesuchtem Vater im Gepäck. Glenn erledigt das und will seinen Vater beerdigen, bringt es dann aber doch nicht übers Herz, die 5000 Dollar Kopfgeld sausen zu lassen. Er kassiert in der nächstgelegenen Stadt ab und erfährt dort von Gordon (Fernando Sancho), dass seinem Vater die halbe Stadt gehörte, so auch 50% des Saloons von Lucy (Erika Blanc) und der Bank von Ken Kluster (Nando Gazzolo), welcher ihm im Beisein des Sheriffs die 5000 Dollar auszahlte. Kluster ist von Glenns Anwesenheit wenig begeistert und setzt seinen Revolvermann Ward (Guido Lollobrigida) und dessen Männer auf ihn an. Nach und nach dämmert es Glenn, dass es bei der Verurteilung seines Vaters wegen angeblichem Waffenschmuggels nicht mit rechten Dingen zu gegangen ist. Und wer ist der geheimnisvolle Doc (Alberto Lupo), der Glenn hilft und einen ganz besonderen Groll gegen Klusters Frau Jessica (Ida Galli) zu hegen scheint?

      Mit „Django – Nur der Colt war sein Freund“ ist Regisseur Alberto de Martino ein Kleinod des Italo-Westerns gelungen, der einen besonderen Platz in meinem Herzen hat. De Martino hat stets Wert auf seine Charaktere gelegt, und so sind ihm neben einer spannenden und actionreichen Geschichte um eine unverhoffte Erbschaft ein paar interessante Figuren gelungen.

      Glenn Saxson, den man neben seiner Rolle in diesem Film kaum in herausragender Erinnerung hat, gelingt hier ein kleines Kunststück, denn sein „Django“ kann einerseits schon ein kompromissloser Schläger und Revolverheld sein, ist aber obendrein ein durchaus sympathisches Schlitzohr. Fernando Sancho wurde von De Martino als freundlich gesinnter Sidekick des Helden besetzt. Besonders interessant ist aber die Rolle, die die Frauen in diesem Western spielen.

      Erika Blanc, in der Rolle der jungfräulich-harmlos wirkenden Saloon-Besitzerin, mag man unterschätzen, aber letztendlich manipuliert sie Django schon, das zu tun, was sie will. Das merkt er bloß nicht so recht. Offensichtlicher ist es bei der skrupellosen Jessica Kluster, gespielt von der wunderschönen Ida Galli (als Evelyn Stewart), kaltherzig, Ich-Bezogen, Bigamistin und wer weiß, was noch. Hier kommt auch der gelegentlich Django helfende „Doc“ ins Spiel.

      Und am Schluss darf noch ein gewisser Luigi Montefiori für einen gelungenen Schlussgag sorgen. Viel Spaß!

      Gerald Kuklinski

      Freitag, 13.04.2018 | 23:15 Uhr
    • Gut ausgeschlafen startet der Festivalsamstag mit einem Film ohne jegliche Heimkinoauswertung in Deutschland:

      OKLAHOMA JOHN
      (IL RANCH DEGLI SPIETATI)
      ESP/ITA/BRD 1965 – DF – 86 Min. – 35mm
      Regie: Jaime Jesús Balcázar, Roberto Bianchi Montero
      Buch: Alfonso Balcázar, Helmut Harun, Giuseppe Maggi
      Kamera: Giuseppe La Torre
      Musik: Francesco De Masi
      Mit Rick Horn, Sabine Bethmann, José Calvo, Karl-Otto Alberty



      Der mächtige und einflussreiche Rancher Rod Edwards (José Calvo) beherrscht ein kleines Städtchen in New Mexico. Widersacher werden von seiner Gefolgschaft brutal beseitigt. Er schreckt nicht einmal davor zurück, den Sheriff töten zu lassen. Doch damit fordert er die staatliche Obrigkeit erst recht heraus, denn um wieder Ordnung in die Stadt zu bringen, tritt Oklahoma John (Rick Horn) den Posten seines ermordeten Vorgängers an und stellt sich als Hüter des Gesetzes bestimmend gegen den Terror. John sucht die Mörder unter Edwards' Lakaien, die unter anderem den Vater von Georgina White (Sabine Bethmann) umgebracht haben sollen. Trotz mehrerer Anschläge auf sein Leben legt er die Daumenschrauben an und bereitet sich auf den bevorstehenden Showdown vor...

      „Oklahoma John - Der Sheriff von Rio Rojo“ präsentiert sich als eine Melange aus zahlreichen Aktualitäten und Eventualitäten, bei der gleich mehrere Verantwortliche vor oder hinter der Kamera ihre Hände im Spiel hatten. Die Architektur der Geschichte ist zwar einheitlich, im harten Konkurrenzkampf jedoch nicht vollkommen ohne eigenen Reiz. Populärthemen wie Rache, Hass, Mord und natürlich Amour gehen phasenweise eine durchaus ansehnliche Symbiose ein und letztlich ist alles um einen Mann herumkonstruiert worden, der eine verängstigte kleine Stadt von dem menschlichen Abschaum befreien soll. Es kommt zu fließenden Übergängen, die den Zuschauer mit ihrem Abwechslungsreichtum bei Laune halten. Offenbar unter Doppelregie entstanden, strahlt zwar nicht der Nimbus eines auch doppelt erfreulichen Ergebnisses, doch inszenatorisch offenbaren sich handelsübliche, sowie verlässliche Kniffe, wobei immer wieder über den limitierten Tellerrand hinausgeblickt werden muss. Als gebrandmarkter Eurowestern im Italowestern-Gewand zeigen sich allerlei Unterschiede bei der Herangehensweise der verschiedenen Produktionsländer, sodass man diesem Beitrag seinen offenkundig-multinationalen Charme zugute halten kann. Zusätzlich bestückt mit unverbrauchten Interpreten sowie alten Bekannten des zeitgenössischen Films, von denen einige unverblümt ihre niederen Charakterzüge demonstrieren und auf einem Silbertablett servieren dürfen, ergibt sich insgesamt ein angenehmes Profil, das ein kurzweiliges Vergnügen bereitet, das mindestens als Hors-d’œuvre für Western-Allesseher geeignet sein dürfte. Daher Platz nehmen, und sei es, um einfach nur zu komplettieren...

      Prisma

      Samstag, 14.04.2018 | 14:00 Uhr
    • Knallhart geht es am Samstagnachmittag weiter mit:

      DJANGO, DER RÄCHER
      (TEXAS, ADDIO)
      ITA/ESP 1966 – DF – 90 Min. – 35mm
      Regie: Ferdinando Baldi
      Buch: Ferdinando Baldi, Franco Rossetti
      Kamera: Enzo Barboni
      Musik: Anton Garcia Abril
      Mit Franco Nero, Cole Kitosch, Elisa Montes, Luigi Pistilli, Josè Suàrez



      Django und sein jüngerer Bruder, Jim, machen sich auf den Weg nach Mexiko, um den Mörder ihres Vaters seiner gerechten Strafe zuzuführen. Doch im Land der Sombreros ist der Begriff Gerechtigkeit ein Wesen aus dem Reich der Fabeln. Es herrschen Tyrannei und Tod, und allein der Klang des Namens, Cisco Delgado, erfüllt jede Klapperschlange mit Schrecken. Die ehemaligen Rebellen, wie der versoffene Miguel, fungieren längst als ein hirnloses Mordwerkzeug der Obrigkeit. Sie eliminieren hilflose Bauern, verschleppen deren Frauen und hegen zudem einen tiefen Yankee-Hass. Das Land schreit nach Veränderung, was den Rechtsanwalt Hernandez dazu bewegt eine Revolution zu erwirken.

      Soviel darf zur Handlung, die das Rachethema und die Dramaturgie nach griechischem Vorbild mit den Bestandteilen des italienischen Revoluzzer-Westerns kombiniert, verraten werden. Ein Potpourri, in dem der Rezipient nach dem Guten sucht, aber nicht fündig wird und sich letztendlich von der Kaltblütigkeit des Hauptprotagonisten abhängig macht, denn die Filmmessage ist eindeutig: Gewalt lässt sich nur mit Gewalt bekämpfen.

      Ferdinando Baldis „Texas, addio“ zählt (ohne „Django und die Bande der Gehenkten“ abzuwerten) neben „Blindman – Der Vollstrecker“ und „Seine Kugeln pfeifen das Todeslied“ zu seinen Top 3 Western-Inszenierungen, wobei die Reihenfolge jederzeit chargieren kann. Der harte Rache-Western, der abgedrehte Hippie-Western und das niveauvolle Western-Drama. Drei Baldis, drei unterschiedliche Ambitionen, drei Volltreffer! Ein bleihaltiges Trio, das obendrein den Anspruch besitzt, sich in den Top 40 des Italo-Western festzubeißen, um als ein Teil der maßgebenden IW-Fraktion mitzuregieren.

      „Django, der Rächer“ ist einer der Spaghetti-Western, die in den 1970ern ihre Wiederaufführungen in meiner Heimatstadt (Bochum) erlebten und deren Aushänge die Schaukästen (welche u. a. unter der Brücke nebst dem Bochumer Hauptbahnhof installiert waren und dessen Umrisse auch heute noch deutlich sichtbar sind) mit ihren fotomechanisch kolorierten Bildern veredelten. Gekrönt vom zusätzlich motivierenden „Ab 18 Jahre Pappschild“. Somit wurde mir - als „damaliger“ Rotzlöffel - ein genaueres Inspizieren mit der mütterlichen Maßregelung „Das ist nur für Große“ untersagt.

      Wie recht sie doch hat(te), denn dieser IW ist wirklich nix für kleine Kinder. Es gibt Revolution, es gibt Blutrache, es gibt Exekutionen… und es gibt auch Frauen, aber die haben (wie in den meisten Western italienischer Prägung) nichts zu melden und erhalten postwendend ihr Schnellbucherticket ins Jenseits. „Django, der Rächer“ ist halt ein Männerfilm, dessen Credo von Misogynie und Brutalität befallen ist. Doch auch die härtesten Kerle sind in der Lage dahin zu schmelzen, wenn ihnen Enzo Barboni seine phänomenale Abschlussbildkomposition präsentiert, denn spätestens dann wird selbst ihnen bewusst: „Texas goodbye, you made me cry.“

      Frank Faltin

      (In Gedenken an Gerd Günther Hoffmann)

      Samstag, 14.04.2018 | 16:00 Uhr
    • Samstag Abend wird es brutal!


      VERDAMT ZU LEBEN – VERDAMMT ZU STERBEN
      (I QUATTRO DELL`APOCALISSE)
      Italien 1975 – DF – 87 Min. – 35mm
      Regie: Lucio Fulci
      Buch: Ennio De Concini
      Kamera: Sergio Salvati
      Musik: Bixio-Frizzi-Tempera
      Mit Fabio Testi, Lynne Frederick, Tomás Milián, Harry Baird



      Ein Spieler, ein Säufer, eine schwangere Hure und ein liebenswerter, aber geistig zurückgebliebener Schwarzer mit einer merkwürdigen Affinität zu Toten und Friedhöfen auf einem Roadtrip durch die Einöde des Westens. Das sind die titelgebenden „Four of the Apocalypse“; und jeder von ihnen wird auf dieser Reise seinem Schicksal gegenübertreten müssen...

      Folgte sein erster Western DJANGO – SEIN GESANGSBUCH WAR DER COLT noch treu gängigem Genre-Reglement, verlässt Lucio Fulci mit dem fast schon (alp-) traumwandlerischen VERDAMMT ZU LEBEN – VERDAMMT ZU STERBEN die gewohnten Pfade und kreiert unter dem staubigen Mantel des Italowestern ein seltsam melancholisches, öfter gnadenlos nihilistisches Erlösungsdrama. Jede Freude, jedes Erfolgserlebnis ist bestenfalls flüchtig. Jeder Hoffnungsschimmer wird von unsäglichem Leid erstickt. Hier ist der Westen ist nicht die Straße des Glücks, sondern durch und durch menschenfeindliches Gebiet.

      So lernen sich unsere vier Hauptprotagonisten in einer Nacht kennen, als maskierte Namenlose ein grausames Massaker in einer Stadt anrichten. Im Vorgriff auf seine späteren Blood & Guts-Eskapaden im Zombiefilm holt Fulci schon einmal hier die Kutteln raus: Schrotflintensalven reißen basketballgroße Löcher in die Leiber der Cowboys; in die Pferdetränken wird mit heraushängendem Gedärm gestürzt. Zudem darf in VERDAMMT ZU LEBEN – VERDAMMT ZU STERBEN der äußerst wandlungsfähige Tomas Milian vom Sympathieträger aus DER GEHETZTE DER SIERRA MADRE zum sadistischen Desperado mutieren und für noch größere barbarische Momente sorgen.

      Dabei ist das Tempo über weite Strecken überraschend ruhig. Tatsächlich verweigert sich Fulcis Erzählweise des Öfteren den Gepflogenheiten des Spannungskinos. Im letzten Drittel, wo in anderen Italowestern der Bleigehalt in der Luft signifikant erhöht und sich schon fleißig fürs Finale warmgeschossen wird, verweilt Fulci genüsslich lange in Altaville, einer unwirklich erscheinenden Männer(!)-Enklave irgendwo im Nirgendwo. Dort besiegelt er ein Schicksal, während er einem anderen in einem seltenen Anflug von Menschlichkeit Hoffnung gewährt.

      Der heimliche Höhepunkt, die „Geisterstadt“-Episode. Verlassene Ruinen und alte Gräber, die fast im Regen ertrinken. Dazu geht ein Geisterflüsterer ganz in seiner Abseitigkeit auf. Die seltsam entrückte Atmosphäre ist so gespenstisch wie brillant.

      Der Showdown dagegen findet beinahe beiläufig ohne jegliche Epik statt. Kurzangebundenes, aber grausames Sterben. Nicht mehr, nicht weniger. Das passende Ende für die Quatro dell Apocalisse.
      VERDAMMT ZU LEBEN, VERDAMMT ZU STERBEN ist nicht nur der Fulci-Western, in dem die Handschrift des Maestros am deutlichsten zu Tage tritt, sondern auch sein bester.

      Christian Ade

      Samstag, 14.04.2018 | 21:15 Uhr
    • Irrtümlicher Weise hatten wir zuletzt "Verdammt zu leben - Verdammt zu sterben" (I quattro dell'apocalisse, 1975) für die Prime-Time angekündigt, dieser läuft natürlich erst um 23:30 Uhr zur Geisterstunde. Um 21 Uhr präsentieren wir euch die seltene und vollständige Synchronfassung der Erstaufführung von:

      FÜR EIN PAAR DOLLAR MEHR
      (PER QUALCHE DOLLARO IN PIÙ)
      ITA/ESP/FR/BRD 1965 – DF – 121 Min. – 35 mm
      Regie: Sergio Leone
      Buch: Sergio Leone, Luciano Vincenzoni
      Kamera: Massimo Dallamano
      Musik: Ennio Morricone
      Mit Clint Eastwood, Lee Van Cleef, Gian Maria Volontè, Klaus Kinski



      Indio ist ein psychopathischer Bandit, der seine Bande von Halsabschneidern auf ein schier unmögliches Ziel hetzt: Die Bank von El Paso. Monco ist ein junger Kopfgeldjäger, der vor Selbstbewusstsein und Geldgier fast platzt. Mortimer ist ein älterer Kopfgeldjäger, der schon viel gesehen und erlebt hat, und der gelernt hat seinen Kopf einzuschalten bevor er punktgenau schießt. Und der mit Indio eine alte Rechnung offen hat. Also wird Monco in die Bande eingeschleust, um sie quasi von hinten aufzurollen. Aber Indio ist ein misstrauischer alter Fuchs, den seine Drogenabhängigkeit nur umso argwöhnischer gemacht hat, und der, wenn es ums Geld geht, schmutzige Tricks schon von weitem wittert. Und der instinktiv spürt, dass Monco nicht der ist für den er sich ausgibt.

      Ein Mann schließt sich einer Bande an um diese auffliegen zu lassen. Ein Thema, das in der Geschichte des Films schon oft vorkam: DER TODESKUSS könnte da erwähnt werden, in dem Victor Mature als Krimineller vom Staatsanwalt in die Bande eingeschleust wird, um Richard Widmark besagten Todeskuss zu geben. Oder in Europa die SCHLAGERPARADE 1961, wo Bubi Scholz eine Bande Halbstarker unterwandert (die von Klaus Löwitsch angeführt wird). Allerdings waren hier die Helden immer Polizisten oder zumindest von einer Behörde Beauftragte, die den fest vorgegebenen Staatsauftrag hatten, die Bösewichter dingfest zu machen. Erst Sergio Leone traute sich, einen eigennutz-orientierten Helden zu etablieren, der die Schurken nur aus einem Grunde jagt: Um sich selbst zu bereichern. Und um nebenher noch eine Rache auszuüben, ganz ohne justiziable Hintergedanken. Einfach nur Rache um der Rache willen.

      Wo der Vorgänger FÜR EINE HANDVOLL DOLLAR teilweise noch ein Vortasten in eine gerade relativ neu erfundene Filmwelt war, mit einem gewissenlosen Einzelgänger der auch mal Wehrlose tötete, ging Leone hier in die Vollen und definierte gleich den gesamten Western neu: Seine Helden sind so lässig wie gefährlich, sein Bösewicht stellt alles bis dahin gesehene locker in den Schatten und definierte das Schurkendasein für die nächsten 50 Jahre gleich mit, und die Handlung hat mit der Abbildung von Realität schon gar nichts mehr zu tun, sondern ist im Prinzip eine Comic-Verfilmung mit fast unverwundbaren Helden, unglaublich abgedrehten Ideen und 36-schüssigen Pistolen. Und wenn zwei gefährliche Kopfgeldjäger auf einen halbirren Killer von Indios Kaliber treffen, dann bedeutet dies bis zum absoluten Höhepunkt zerdehnte Duelle die von einer Spieluhr choreographiert werden. Das heißt Hass, Schweiß und Tod hautnah von der Leinwand herab zu spüren. Das heißt die Tiefe des Wortes “cool“ auszuloten, wenn nämlich jede Handbewegung und jede Änderung der Mimik eine bedeutungsschwangere Handlung ist. Und falls das jetzt alles zu pathetisch klingt, dann soll angemerkt werden, dass Sergio Leone mit diesem Film das Pathos in den europäischen Western eingebracht hat.

      Bereits der Teaser zeigt, dass hier eine Revolution in der Westernwelt passiert: Ein Mann wird in der Wüste erschossen, ohne dass dies irgendetwas mit der weiteren Handlung zu tun hätte. Aber es sorgt für die richtige Einstimmung, und ein toller Vorspann wird ermöglicht, wo über dem ikonischen Score von Ennio Morricone Schüsse hallen welche die Credits anschießen. Töten um des Tötens willen, ohne moralischen Impetus. Ein Prinzip, welches die Filmwelt bis heute am Laufen hält.

      Oder anders ausgedrückt: Reiner Western-Spaß! Der erste Italo-Western der diesen Namen auch wirklich verdient. Und der überhaupt nicht gealtert ist!

      Maulwurf

      Samstag, 14.04.2018 | 21 Uhr
    • Der Festival-Sonntag startet in herrlichem Scope-Format, im Vergleich zu den unsäglichen Heimkinoauswertungen mit:

      TAMPEKO – EIN DOLLAR HAT ZWEI SEITEN
      (PER POCHI DOLLARI ANCORA)
      ITA/FR/ESP 1966 – DF – 92 Min. – 35mm
      Regie: Giorgio Ferroni
      Buch: Augusto Finocchi, Massimiliano Capriccioli, Sandro Continenza, Remigio Del Grosso, Leonardo Martin, Gilles Morris-Dumoulin
      Kamera: Rafael Pacheco
      Musik: Gianni Ferrio
      Mit Giuliano Gemma, Dan Vadis, Sophie Daumier, Jacques Sernas



      Der Bürgerkrieg scheint zwar zu Ende, aber Tampeko (Giuliano Gemma) und sein verbliebener Südstaatentrupp werden dennoch von der gegnerischen Seite in einem Lager gefangen gehalten. Die Haftbedingungen sind mies und das Faustrecht scheint zwischen den beiden Parteien oftmals zu regieren. Tampeko erhält dennoch die Chance sein Leben und das seiner Männer durch eine Sondermission zu retten, denn Banditenchef Riggs (Dan Vadis) hat vor, die Kriegskasse von Fort Yuma mithilfe von 800 marodierenden Südstaatlern zu plündern. Und weil Tampeko den Weg dorthin sehr genau zu kennen scheint, schickt man ihn mit der rettenden Botschaft, sowie den beiden Yankees Pitt (Nello Pazzafini) und Captain Lefevre (Ángel del Pozo) los, um das drohende Blutvergießen zu vermeiden. Lefevre scheint allerdings seine eigenen Pläne zu haben und so entwickelt sich die Reise zu einem bleihaltigen Abenteuer.

      Nordstaaten vs. Südstaaten - auch in seinem zweiten Western greift Giorgio Ferroni den alten Konflikt des Bürgerkriegs erneut auf und positioniert zudem ebenfalls wieder Giuliano Gemma als heldenhaftes Zugpferd an vorderster Front. Dieser überzeugt in Tampeko als gleichnamiger Südstaatenoffizier mit flottem Mundwerk und schlagkräftiger Argumentation, wobei Gemma dabei wie so oft eine hervorragende Performance abliefert, denn die Rolle des kühnen Draufgängers spielte er hier schließlich nicht zum ersten Mal, ganz davon abgesehen, dass sie ihm wie auf dem Leib geschneidert zu sein scheint. Das Gemma aber nicht nur die tolldreiste Rampensau drauf hat, sondern zugleich durch schwierigere Stationen eines fiktiven Charakters gehen kann, stellt er hier erneut eindrucksvoll unter Beweis. Auch wenn der restliche Cast um Tampekos Mitstreiter gut aufgestellt ist und sich bemüht, mit Gemma Stand zu halten – hervorzuheben sind hierbei vor allem José Calvo als gealterter Helfer in der Not, sowie Sophie Daumier als aufreizende Connie Breastfull (allerdings ohne allzu üppiger Oberweite) – so bleiben die bösen Buben oftmals blass, auch wenn diese mit bekannten Gesichtern wie Ángel del Pozo und Dan Vadis, der sich ähnlich wie Gemma seine ersten Schauspielsporen im italienischen Peplum verdiente, besetzt wurden. Nichtsdestotrotz wandelt Ferronis anfangs noch sehr launig inszenierte Handlung mit voranschreitender Laufzeit in unbarmherzige Gefilde und verlässt damit zunehmend die braven Pfade des US-Western.

      Tobias Reitmann

      Sonntag, 15.04.2018 | 13:00 Uhr
    • Die zweite Runde am Sonntag bringt uns:

      DIE UNERBITTLICHEN FÜNF
      (I CINQUE DELLA VENDETTA)
      ITA/ESP 1966 – DF – 97 Min. – 35mm
      Regie: Aldo Florio
      Buch: Alfonso Balcàzar, Josè Antonio de la Loma
      Kamera: Victor Monreal
      Musik: Franco Salina
      Mit Guy Madison, Mònica Randall, Antonio Molino Rojo, Vassili Karis



      Der Rancher Jim Latimore hat recht menschenfreundliche Ideen (“Ein Viertel der Ernte geht wie jedes Jahr an euch Peones.“), was seinen Nachbarn, den Brüdern Gonzales, nicht gefällt. Sie lassen Latimore abschlachten und schänden seine Frau Rosaria. Was wiederum fünf alten Freunden von Latimore nicht gefällt. Gemeinsam mit Rosaria reiten sie los, Rache zu nehmen. Die Gonzales’ allerdings hetzen den Matanza und seine Männer auf die Freunde, und der ist ein ganzes Stück härter und grausamer als die aufrechten Revolvermänner.

      Ein Film für die Romantiker unter den Western-Fans: Wiedersehensfreude bei Mutter und Kind, Romantik bei Harmonikamusik am Lagerfeuer, weise und bewegende Worte im Angesicht des Todes, ... Welch hartem Cowboy unter den Zuschauern wird es da nicht wehmütig ums Herz?

      Aber es gibt auch Action, und die gar nicht mal so knapp. Vor allem die zweite Hälfte des Films weiß zu begeistern, die 20-minütige Schlussschiesserei ist ausgesprochen bleihaltig, und der Tod des bösen Obermotz dauert deutlich länger als es in den Western dieser Zeit üblich ist. Dass man bis dahin einige längere Reitereien durch die örtliche Kiesgrube ertragen muss? Geschenkt. Stattdessen kann man sich daran ergötzen, dass fast alle Helden weiße Hemden tragen, außer dem Frauenhelden, der ist unmoralisch. Und außer Giovanni Cianfriglias Charakter, der ganz offensichtlich Spaß am Töten hat. Weiter kann man sich erfreuen an schauspielerischen Leistungen, die dem eines Fidani’schen Holzkaktus in nichts nachstehen, und dass Mónica Randall eine wunderschöne Frau ist, die man gerne in den Arm nehmen und von ihren Sorgen befreien möchte, daran kann man ebenfalls sein Herz erwärmen.

      Neben der schönen Spanierin fällt auch der Western-Veteran Antonio Molino Rojo auf, welcher als Der Matanza einige hässliche Eigenarten gegenüber Frauen an den Tag legt. Matanza heißt übersetzt übrigens “Das Töten“ … Auf jeden Fall ist Rojo ein altgedienter IW-Haudegen, der den Banditen mit sichtbarem Spaß an der Bosheit spielt. Letzteres lässt sich übrigens auch über Gianni Solaris sagen, der den Gonzales zwar nicht besonders ausdrucksstark spielt, dafür aber richtig abgründig gemein rüberkommt und eine leichte Ähnlichkeit mit George Clooney hat. Bei den Guten hingegen fallen neben Giovanni Cianfrigila eigentlich nur Guy Madison und José Manuel Martin weiter ins Gewicht. Letzterer hat endlich mal eine größere Rolle (die er mit stierem Blick meistert), und Guy Madison ist gewohnt solide und wirkt irgendwie immer wie ein Gentleman auf Abenteuerurlaub. Der Mann hat einfach viel zu viel Grandezza um wirklich gemein zu sein, aber cool ist er allemal.

      Entstanden 1966, zeigt DIE UNERBITTLICHEN FÜNF gerade die Zeit des Umbruchs, in der aus dem amerikanisch orientierten Euro-Western der harte und böse Italo-Western wurde. Auf der einen Seite Helden in weißen Hemden, die sich Frauen gegenüber ritterlich verhalten und zu heldenhaft-pompöser Musik der Gefahr aufrecht entgegengehen. Auf der anderen Seite einige deftigere Bilder die sensiblen Gemütern durchaus an die Nieren gehen können, ausgesprochen fiese Schurken, sowie ein Showdown den sich John Wayne so sicher nicht vorstellen konnte, und der die zukünftige Entwicklung des Westerns all’Italiana aufzeigt. Eine spannende und actionreiche Gratwanderung zwischen alten und neuen Geschichten und Bildern, und trotz der einen oder anderen Länge damit auf jeden Fall sehenswert.

      Maulwurf

      Sonntag, 15.04.2018 | 15:00 Uhr