Lips of Blood

    • Lips of Blood




      Originaltitel: Lèvres de sang
      Produktionsland: Frankreich
      Produktion: Jean-Marie Ghanassia, Lionel Wallmann
      Erscheinungsjahr: 1975
      Regie: Jean Rollin
      Drehbuch: Jean-Loup Philippe, Jean Rollin
      Kamera: Jean-François Robin
      Schnitt: Olivier Grégoire
      Spezialeffekte: Eric Pierre
      Budget: ca. -
      Musik: Didier William Lepauw
      Länge: ca. 82 Min.
      Freigabe: ungeprüft
      Darsteller: Jean-Loup Philippe, Annie Belle, Nathalie Perrey, Martine Grimaud, Catherine Castel, Marie-Pierre Castel, Hélène Maguin, Anita Berglund, Claudine Beccarie, Béatrice Harnois, Sylvia Bourdon, Mireille Dargent, Paul Bisciglia, Willy Braque u.a.

      DVD Niederlande: Encore (französischer Ton, deutsche Untertitel)
      Eine deutsche Fassung gibt es nicht; der Film wurde generell noch nie in Deutschland aufgelegt.


      Inhalt: Der kleine Frederick läuft verirrt, zu nächtlicher Stunde, nach seinen Eltern suchend umher, bis er schließlich irgendwann zu einer scheinbar verlassenen Ruine kommt. Dort trifft er ein mysteriöses Mädchen, dass komplett in weiß gekleidet ist und ihm Nachtruhe gewährt. Er ist sofort von ihrer Schönheit fasziniert und verliebt sich unsterblich in sie. Jahre Später sieht Frederick auf einer Party ein Foto dieser Ruine. Sofort kommen die alten Erinnerungen in ihm hoch, vor allem aber auch seine Liebe zu dem unbekannten Mädchen. Er macht sich auf die Suche nach ihr und dieser Ruine. Die Suche gestaltet sich als sehr schwierig und Frederick muss erkennen, dass seine unbekannte Schöne ein pikantes Geheimnis mit sich herum trägt...


      Trailer: -


      Fazit: Dass Jean Rollin als Meister des leicht erotisch angehauchten Vampirfilms der 70er gilt ist allgemeint bekannt. Auch "Lips of Blood" darf sich zu diesem Subgenre zählen. Allerdings, und ich wiederhole das immer wieder gerne, weiß Rollin seine hübschen Darstellerinnen gekonnt in Szene zu setzen. Das wirkt nie wie eine pure "Fleischbeschau". Natürlich werden seine Kritiker gerade dies seinen Filmen, auch diesem hier, vorwerfen. Aber damit verschließen sie sich gegen das eigentliche Wesen seiner Filme.

      Bleiben wir kurz bei der erotischen Komponente, die in diesem Film natürlich auch wieder eine Rolle spielt, jedoch im Vergleich zu seinen anderen Filmen nicht unbedingt im Vordergrund steht. Natürlich hat Rollin wieder bildhübsche Darstellerinnen zu bieten, allen voran die Castel-Zwillinge, und ja sie treten "leicht bekleidet" und manchmal auch völlig nackend in Erscheinung. Er schafft es aber eine latente Erotik zu kreieren, die knistert und nie voyeuristisch daher kommt. Die Darsellerinnen wirken wie einem Traum entsprungen. Sie "dienen" dem unbekannten Mädchen und helfen Frederick auf seiner Suche; sie wirken gleichzeitig verführerisch, zerbrechlich und in manchen Situationen auch gefährlich. Der erotische Faktor bleibt vorhanden, aber bleibt meist angenehm verschleiert. Nur am Anfang und am Ende bricht er aus seiner Verschleierung heraus und wird für den Zuschauer fast "greifbar". Allein dieser Aspekt gefällt mir sehr gut an diesem Werk.

      Der "Held", unsere Identifikationsfigur, bildet mir persönlich bei Rollins Filmen oft eine etwas schwierige Komponente. Ich muss erwähnen, dass es bei Rollin selten den "klassischen Helden" gibt. Die Männer rücken oftmals in den Hintergrund und wenn sie sich in den Vordergrund drängen, sind sie zwar nicht unbedingt unsympathisch, aber sie bringen manchmal (so empfinde ich das) die sprichwörtliche Ruhe hinaus. Nur nicht Frederick, man mag den Kerl irgendwie von Anfang an und hofft, dass es ihm gelingt seine große Liebe wiederzufinden, obwohl ihm teilweise doch recht große Steine in den Weg gelegt werden. Jean-Loup Philippe spielt den "Helden" ziemlich gut, ohne große Theatralik, welche oftmals von den meisten "Helden" in Rollins Filmen praktiziert wird.

      Erwähnenswert ist auch, dass Rollin bei "Lips of Blood", zwar auch nicht soviel Wert auf die Geschichte legt (sie ist bei ihm meistens eh nur Staffage), sie aber, im Gegensatz zu den meisten seiner Filmen, linear zu Ende führt. Somit können "Rollin-Neulinge" durchaus dem weiteren Verlauf sehr gut folgen.

      Ich kann seine Fans aber beruhigen, Rollin verzichtet keineswegs auf surrealistische Bilder und seine typische Atmosphäre. Die sind sehr wohl vorhanden und verhelfen diesem Film auch wieder zu seiner Extraklasse. Allein die Szene, in der der erwachsene Frederick bei Nacht durch die Stadt irrt, auf der Suche nach der Ruine und allen Hindernissen trotzend, während die "Dienerinnen" des schönen Mädchens ebenfalls durch die Nacht wandern, ist astrein inszeniert und gehört mit zum Besten, was Rollin inszeniert hat. Das hat sowas richtig alptraumhaftes, verzweifeltes aber dennoch mit Hoffnung ausgestattes Gefühl bei mir ausgelöst. Wo wir wieder beim "träumerischen" Inszenierungsstil wären...

      Die Musik spielt in diesem Film eine eher untergeordnete Rolle, doch wenn sie einsetzt, ist sie sehr schön und passt gut zum Geschehen.

      Für die Interpretationskünstler unter euch wird hier auch wieder einiges geboten. Wenn sich Frederick z. B. voll seiner Liebsten hingibt, alles auf sich nimmt um sie zu finden, kann man wirklich von der "ewigen", einzig wahren Liebe und von waschechter Aufopferung sprechen. Oder wie die "Dienerinnen" des Mädchens sich loyal untereinander verhalten, bis zum Tode, obwohl sie in den Augen der Menschen "anders" sind, dennoch in ihrem Tun doch wieder so menschlich agieren.

      Jean Rollin ist ein richtiges Meisterstück geglückt, dass sicherlich sein Publikum abseits des Mainstream finden wird und es auch verdient hat. Garniert mir schönen Darstellerinnen, einer tollen Atmosphäre, genialen Bildern und einem sympathischen "Helden". Wer nichts mit Rollins Filmen anfangen kann, wird sich auch mit "Lips of Blood" schwer tun. Alle anderen: Unbedingt anschauen!

      [film]10[/film]
      Hurley: "Hat der Vogel gerade meinen Namen gerufen?"
      Sawyer: "Ja hat er...Und gleich danach hat er Goldklümpchen gekackt."
    • Hach. Alleine das Cover verrät schon so viel über den Film. Oder gar nichts...
      Wie oft drehte Rollin an diesem Strand?
      Rollin ist der Meister der Poesie...
      Unerklärlich, ruhig, bizarr und verwirrend schön...oder auch grausam. Nichts ist wirklich...
    • Ihr habt mir richtig Appetit auf den Film gemacht. Gute und informative Beschreibung, danke.

      Ist das was für mich??? lolp
      Drei Dinge sind unwiederbringlich:
      der vom Bogen abgeschossene Pfeil,
      das in Eile gesprochene Wort,
      die verpasste Gelegenheit.
      Ali der Löwe, Kalif des Islam
    • Ich weiss nicht. Hast du mittlerweile Friedhof der toten Seelen gesehen?
    • Original von funeralthirst
      Ich weiss nicht. Hast du mittlerweile Friedhof der toten Seelen gesehen?


      Nee, gibt es bei uns in der Videothek nicht. lolp
      Drei Dinge sind unwiederbringlich:
      der vom Bogen abgeschossene Pfeil,
      das in Eile gesprochene Wort,
      die verpasste Gelegenheit.
      Ali der Löwe, Kalif des Islam
    • Ich weiss nicht welcher Jean Rollin ratsam wäre, um ihn als Erstes zu schauen, aber Lips of Blood ist wohl genauso unerklärlich und bizarr, dass einige wohl den Film missverstehen könnten. Rollins Filme sind eine Klasse für sich...Rollin Filme wirst du auch kaum in der Videothek finden...
    • Original von Samazone
      Original von funeralthirst
      Ich weiss nicht. Hast du mittlerweile Friedhof der toten Seelen gesehen?


      Nee, gibt es bei uns in der Videothek nicht. lolp


      Den bekommst du für wenig Geld unter dem Titel "Die eiserne Rose" bei Amazon.
    • Original von Samazone
      Ihr habt mir richtig Appetit auf den Film gemacht. Gute und informative Beschreibung, danke.

      Ist das was für mich??? lolp

      Wenn du offen für etwas andere Stoffe bist und dich fernab des gängigen Mainstreams auf einen etwas anderen Erzählstil einlassen kannst/willst, könnte "Lips of Blood" als Einstieg in das Jean Rollin-Universum durchaus denkbar sein. Wie ich schon im Review beschrieben habe, ist die Geschichte von "Lips of Blood" einfacher nachzuvollziehen, weil Rollin das Experimentielle leicht zurück schraubt. Dennoch bekommt man auch hier wieder einen Einblick in seinen einzigarigen Stil geschenkt.
      Ich denke, durch die Vielschichtigkeit, die seine Filme an den Tag legen, sind sie gerade für Filmstudenten, was Diskussionen angeht, äusserst interessant. Nur so am Rande...

      Mich würde echt einmal interessieren, wie du als Frau, ein Rollin-Werk interpretierst. Ich denke Rollin mag man oder nicht, einen Mittelweg gibt es bei ihm eher selten. Für die einen ist er ein Voyeur, der "Männerphantasien" verfilmt, für die anderen ein absoluter Meister seines Fachs.

      Versuch es einfach mal, Samazone. Ich bin dir auch nicht böse, wenn du nichts mit dem Stil Rollins anfangen kannst. :)
      Hurley: "Hat der Vogel gerade meinen Namen gerufen?"
      Sawyer: "Ja hat er...Und gleich danach hat er Goldklümpchen gekackt."
    • Ich kann ja jedem Rollin Fan nur Die Nacht der Uhren empfehlen...
      Allerdings sollte man den Film nicht sehen, wenn man seine Filmographie nicht kennt.
    • @Samazone
      Pestizide - Grapes of Death dürfte wohl der meistgesehenste Rollin Film sein und als Einstieg wohl auch am besten geeignet, dort gttb es eine deutsche, ungeschnittene DVD von.
      Leihen kannst die Ungeschnittene auch, aber wohl nur Online. In den Videotheken stehen doch fast nur neue Sachen, wo soll sonst dass alles hin. :)
    • Original von funeralthirst
      Ich weiss nicht welcher Jean Rollin ratsam wäre, um ihn als Erstes zu schauen, aber Lips of Blood ist wohl genauso unerklärlich und bizarr, dass einige wohl den Film missverstehen könnten. Rollins Filme sind eine Klasse für sich...Rollin Filme wirst du auch kaum in der Videothek finden...


      Du weist solche Filme in keiner Videotheke finden, ausser vielleicht im Videodrome in Berlin.

      Pestizide oder Living dead Girl sollten als Einstieg emphehlenswert sein.
      Living dead Girl hat harte Momente und ist nebenher sehr vertäumt und poetisch.
    • Lips of Blood weist herrliche Bilder auf. Gerade die dunklen Passagen sind ein
      Event für das Auge. Das Ambiente, sprich die Ruine trägt zum weiteren
      Augengenuß bei. Rollin gelingt es auch mit diesem Film mich zu der Aussage
      zu bringen, dass es sich hierbei zweifelsohne um ein Meisterwerk handelt.

      Die Darstellerinnen, die definitiv (wie man es aus Rollins Filmen kennt) der
      zentrale Kern sind, haben etwas was in der heutigen Zeit selten vorhanden
      ist, sie sind nämlich tatsächlich erotisch. Vielleicht liegt es an der Zeit, das
      Frauen in den 70ern mehr Klasse hatten oder es liegt einfach daran wie
      Rollin sie in Szene setzt. Denn wie hier wehende Gewänder und die
      Beleutung der Darstellerinnen eingesetzt werden ist kurz gesagt brillant.
      Das ganze hat Stil und ist kein billiger Schund.

      Die Story wird ob der imposanten Kameraarbeit zur reinen Nebensache.
      Zum Ende des Films werden dem Zuschauer allerdings die Augen komplett
      geöffnet, als er die Lösung erfährt. Daraus entwickelt sich eigentlich das
      was man als eher vertäumter Zuschauer erahnt: Ein morbides Happy End.
      Ein Ende, dass zu verschieden Interpretationen führen kann, angefangen
      bei totaler Hingabe bis hin zu unsterblicher Liebe.


      [film]10[/film]
    • Mal ein schönes Zitat von Thorsten Hanisch

      LÈVRES DE SANG ist ein waschechter Rollin, das heißt: Fans werden den Film schon in mindestens 4.000 Varianten auf und unter dem Altar stehen haben, Neu-Einsteiger sollten mal 'n Blick riskieren, sich aber bewusst sein, dass hier was komplett anderes ins Haus steht.
    • Und er hat damit absolut recht! :6:
      Hurley: "Hat der Vogel gerade meinen Namen gerufen?"
      Sawyer: "Ja hat er...Und gleich danach hat er Goldklümpchen gekackt."
    • Original von Sawyer
      Und er hat damit absolut recht! :6:


      Wie wahr.
      Den Altar habe ich auch...Dort stehen aber alle Rollin Filme umrungen von schwarzen Kerzen. :6: