Produktionsland: Italien, Spanien
Produktion: José María Cunillés, Isabel Mulá
Erscheinungsjahr: 1987
Regie: Bruno Mattei, Claudio Fragasso
Drehbuch: José María Cunillés , Roberto Di Girolamo, Italo Gasperini, Richard Harrison, Bruno Mattei
Kamera: Julio Burgos, Luigi Ciccarese
Schnitt: Vincenzo Vanni
Spezialeffekte: -
Budget: ca. -
Musik: Luigi Ceccarelli
Länge: ca. 97 Minuten
Freigabe: ungeprüft
Darsteller: Vassili Karis, Mapi Galán, Charly Bravo, Beni Cardoso, Alberto Farnese, Lola Forner, Emilio Linder
Bezug: X-Rated
Der Rachefeldzug einer Indianerin!
Zugegebenermaßen ist Scalps kein sonderlich innovativer oder herausstechender Western, aber als dilletantischer Spätwestern eines schrottigen Billigregisseurs, wie einige es nennen, würde ich ihn niemals bezeichnen. Im Gegenteil, denn Bruno Mattei erzählt hier eine durchgängig nachvollziehbare und vorallem solidesimple Geschichte, die durchaus ohne auffällige Plagiate zu gefallen und unterhalten mag. Klar, Bruno Mattei's (Hölle der lebenden Toten, Riffs 3) Spätwestern ist aus erzählerischer und qualitativer Sicht kein Django, kein Leichen pflastern seinen Weg und schon gar nicht ein Spiel mir das Lied vom Tod, aber das will Es geht um deinen Skalp, Amigo, so der Alternativtitel der hübschen X-Rated Hartbox, auch gar nicht, stattdessen versucht er lediglich mit einer durchgängig glaubwürdigen Story zu überzeugen.
Und das tut er, denn mit seiner durchweg symphatischen Protagonistin, der jungen und bildhübschen Häuptlingstochter Yarin, deren Stamm von wildtötenden Weissen, den grauen Wölfen getötet wurde, ist ein tragender Faktor an Bord, der man zugleich Mitleid, Glück und das allerbeste wünscht, damit sie ihren Kampf der Selbstjustiz gegen diese folternden Männer gewinnt. Und solang solch ein tragender Faktor, eine tragende Identifikationsfigur mit solch erheblich grossem Charme aus einem solchen "Billigwerk" hervorsticht, dann kann man gewiss nicht von Dilletantismus reden, aber scheinbar scheint Bruno Mattei der Uwe Boll des italienischen Exploitationskinos zu sein, den man von vornerein schlecht reden muss.
Gut, der Plot mag so schmal sein, dass man sich stellenweise fragen könnte, um was es hier denn geht, aber braucht ein Spätwestern dieser Art sowas auch? Nein, ein Spätwestern dieser Art, dazu noch reichlich blutig, eigentlich der blutigste Western überhaupt, braucht lediglich ein Rudel rachsüchtiger Weisshäute unter der Leitung eines Arschlochtyp namens Connor der seine Tochter verlor und sich zum Ziel gesetzt hat alle Indianer zu töten. Darunter ein Ex - grauer Wolf, der einsam und verlassen auf einer Ranch wohnt und scheibar der verwitwete Mann der Connor's Tochter ist. Und eben die tapfere Rothäutin Yarin, die zuerst gefangen genommen, flüchten kann und bei besagtem Rancher Matt Unterschlupf findet, nachdem sie mit starken Blessuren vor seiner Türe zusammenklappt.
Kein guter Zufluchtsort für eine Indianerin, ist Matt doch im Glauben, dass die Indianer Schuld an dem Tod seiner Frau hätten. Umso grober ist dann auch der Umgang mit der Indianerfrau, die sich fortan ausschweigt und desöfteren versucht zu flüchten. Der Knackpunkt beginnt aber bestenfalls dort, als die grauen Wölfe die Ranch aufsuchen und sich unerlaubt Matts Heim ansehen wollen, in der Hoffnung, dass dort die Rothäutin Yarin ist. Logisch wäre, dass der ehemalige Grauwolf sie verrät, stattdessen erschiesst er den verräterischen Indianer, der die Fährte des Mädchens weckt, nachdem Matt zuvor verkündete, niemals mehr wegen Rache zu töten. Das mag ein Logikfehler in der Story sein, aber seine Absicht sieht ja nur vor nicht mehr wegen Rache zu töten, nicht um des Schutzes wegen einer Frau.
Ein ungleicher Konflikt zweier, eigentlich verhasster Kulturen und Völker, nun verbündet mit dem gleichen Schicksal eine Macht von rachbegierigen Weisshäuten hinter ihnen her, verbünden sie sich, gemeinsam flüchtend irgendwie diesen Unmenschen zu entkommen, denn Yarin will Rache für sein totes Volk üben und Matt, der nicht ohne Grund ehemaliger Grauwolf ist, wurde zum zweiten Mal von ihnen enttäuscht. Ein Roadtrip voller Gefahren, durch die dürre Wüste, ohne eine wirklich schützende Ecke zum Pausieren. Und das wissen die beiden auch, wodurch ihr Zusammenspiel Vertrauen und beidseizige Unterstützung fordert.
Ab da an fixiert sich Bruno Mattei auf die fast schon rührig sülzige Entwicklung der beiden ungleichen Personen, die sich wegen ihrer Vergangenheit her eigentlich hassen müssten. Mattei charakterisiert die beiden Personen gut, auch wenn Dialoge oftmals Mangelware sind und wenn dann eher höhepunktloser Einheitsbrei. Fakt aber ist, dass die Inszenierung, so minimalistisch sie auch in ihrer optischen Darbietung auch ist, sie hat Tempo, Seele und Glaubwürdigkeit. Eine rührende Geschichte voller Höhepunkte, einer vollkommen reizenden Protagonistin, einer Powerfrau ohne Gleichen, die man einfach bloss lieben muss.
Da bleiben Hinterhalte mit unterhaltsamen Schusswechseln und sonstigen Actionszenen nicht aus, vorallem die Skalpierungen der wilden Yarin wissen da zu gefallen. Grafisch wie auch in der Dramatisierung der Situation. Einfach Punkte, die die routinierte Spannung antreiben, in der Hoffnung, Yarin wird ihr Seelenheil finden. Das zwanghafte Bündnis von Matt und Yarin äussert sich bald in Anhänglichkeit wider, denn ihre gegenseitige Hilfe fordert Symphatie und so ist es mehr als verständlich und auch fördernd für den Charme des Streifens, dass sich die Beiden bald näherkommen. Und seien wir ehrlich, trotz stinkender Innovationslosigkeit macht sowas einen Film aus, der voller Fantasie zu unterhalten weiss. Ein blutiger Spätwestern eines verurteilten Regisseur mit reichlich Herz und Seele.
Mattei fängt die Szenerie der Wüste gut ein, ihm gelingen sogar unter Einfluss des stimmigen Scores sehr verträumte Bilder und optisch ist der Film gar nicht so mies, wie ihn alle abtun. Gut die Kulissen und Städte sind spärlich und zeugen vom schmalen Budget, doch immerhin wirkt das Alles sehr sehr authentisch, somit die Kostüme der Beteiligten auch ihren Grossteil dazu beitragen. Was auch immer einige Zuschauer bei Sichten eines solchen Filmes zu bemängeln haben, aber grosse Peinlichkeiten konnte ich hier keineswegs verbuchen, sofern wir mal von stellenweisem Overacting einzelner Nebendarsteller absehen. Aber das ist in Genregrössen auch nicht anders. Yarin, Matt und der ekelhafte Connor spielen ihre Rollen akzeptabel, vorallem Yarin, eine Powerfrau der zierlichen Art, mit ihren anfänglichen Zöpfchen und späterer Wildkurzfrisur ist einfach bloss niedlich, sodass man als Mann ohnehin gewillt ist um ihr Wohlergehen zu betteln.
Fazit:
Durchweg solider, routinierter, symphatischer, oftmals derb blutiger Spätwestern eines verurteilten Regisseurs, der es schafft, die Rachegeschichte mit einer überzeugenden Dame zu besetzten und dabei die Männerherzen höher schlagen zu lassen. Durchweg guter Film, der mehr Beachtung verdient hätte, auch wenn er gewiss kein Django oder Ähnliches ist. Aber filmischer Schrott sieht gewiss anders aus, aber das beweist auch die recht ordentliche Durchschnittsnote von 6,5...Von mir gibts jedenfalls gute:
78%