Originaltitel: Scum
Produktionsland: Großbritannien
Produktion: Clive Parsons, Michael Relph, Davina Belling, Don Boyd
Erscheinungsjahr: 1979
Regie: Alan Clarke
Drehbuch: Roy Minton
Kamera: Phil Meheux
Schnitt: Michael Bradsell
Spezialeffekte: -
Budget: ca. -
Musik: -
Länge: ca. 92 Minuten
Freigabe: FSK Keine Jugendfreigabe
Darsteller: Ray Winstone, Mick Ford, Martin Philips, John Blundell, Phil Daniels, Tony London, Ray Burdis, Patrick Murray, Trevor Butler, Ian Sharrock, Davidson Knight, Peter Francis
Inhalt:
In einer englischen Erziehungsanstalt führen sadistische „Erzieher" ein gnadenloses Regiment. Doch nicht nur die Aufseher verlangen Unterwerfung. Auch unter den Zöglingen herrschen Hass, Demütigung und Mißhandlung. Das aggressive Klima entzündet sich in einer Revolte!
Menschen bekriegen Menschen. Menschen wollen über anderen Menschen stehen. Menschen kontrollieren Menschen. Menschen befehlen über Menschen
Vermeintliche Straftäter müssen ihre kriminellen Delikte in einer Besserungsanstalt mit hartem Regiment absitzen. Unter ihnen der herrscherische und dominante Carlin, der sich schnell unter den Inhaftierten als Alphamännchen beweist, Archer, Atheist und Vegetarier, der sich gegen alles mit Stolz und Würde auflehnt und den Wärtern öfters vor den Kopf stösst. Als dritter der schmächtige und zurückhaltende Davis, der unter seinen Mitinhaftierten am meisten auf die Mütze bekommt. Das brutale System innerhalb der Anstalt verlangt den Insassen nicht nur psychisch sondern auch pysisch einiges ab und die Anfeindungen untereinander verbieten jegliche Art der Besserung. Als 2 Inhaftierte ihr Leben lassen, planen die Insassen unter der Führung von Carlin eine Revolte, doch ihre Hoffnungsschreie werden nicht gehört.
Als der Originalfilm Scum im Jahre 1977 durch die englischen Fernseher flimmerte, geriet der Regisseur aufgrund seiner drastischen Thematikdarstellung über die verwerflichen Rechtssysteme Englands ins Kreuzfeuer mit den lieben moralischen Behörden, doch als man 2 Jahre später fürs Kino ein Remake drehte, wurde die kritische Thematik noch um einiges verfeinert. Und auch ohne das Original fürs Fernsehen zu kennen, muss man sagen, dass Abschaum (1979) ein berührender und vorallem kritisch treffender Film ist.
Die Thematik dieses Knastdramas spielt nicht nur mit der menschlichen Psyche sondern hinterfragt noch ein ganzes System, um vermeintliche Verbrecher wieder gesellschaftlich angepasst zu rezivilisieren.
Die vermeintliche Rede vor einem der Wärter von Hippieboy Archer trifft die ganze Auslegung wie die Faust aufs Auge, denn während er erklärt, dass das System durch Bestrafung der Insassen kaum dazu führt sie zurück zu Zivilisierten zu machen, dann ist die ganze Aussage des Films schon getätigt.
Die Insassen, die meisten von ihnen gewillt Besserung anzustreben, durchleben von Anfang an einen Weg unter Schikanen der vermeintlich, wie es Archer sagt, durch ihre Position als kleiner Gefängniswärter ernüchternde Identitäten an rechtsvollführenden Direktoren, die in ihrer Umsetzung und Herangehensweise genauso schäbig sind, wie jene, die für ihre Taten hinter Gittern sitzen.
Wie soll man Kriminelle in die Gesellschaft zurückführen, wenn ihr Glauben an Besserung durch frustrierte Wärter, die ihre Schäbigkeit durch ihr vermeintliches Recht zu Drohung und Gewaltanwendung, im Keim erstickt wird. Gegenwehr und Rebellion ist da das Höchste Ziel und meist die konsequenteste innerliche Antwort auf unlogische Disziplinarverfahren, doch als unterschichtlicher Bürger, ist man draussen wie drinnen als schweigsamer und gehorsamer Unmensch abgetan.
Allein diese Erkenntnis verdeutlicht der Film unter dem Zuschauer und den Insassen nur allzu deutlich, denn einzige Konsequenz ist dabei auf der einen Seite die Erhebung seines Stolzes gegenüber anderen oder der totale Niedergang unter Ihnen.
Der Beginn des Filmes bis hin zu dramatischen Szenen, Wendungen wie Knackpunkten ist durchweg nachvollziehbar, glaubhaft und routiniert, man ist zwar nie gewillt mit einem der Darsteller zu symphatisieren, aber glaubhaft und vorallem authentisch sind ihre Handlungen.
Carlin mag ein Arschloch sein, aber einer muss ja den Ton unter feigen Ratten angeben, die sich immer mehr unterbuttern lassen. Die Darsteller tun ihre Sache durchweg passabel, begeistern konnte da vorallem der immer schämisch grinsende Archer, der immer mit einem lockeren und intelligenten Spruch Bretter vor die Köpfe der Wärter bohrte.
Von A bis B ist der Film zwar durchsichtig konzipiert, aber dabei ist der rote Faden so rot, wie er in einem dramatischen Knastfilm nur sein kann. Der Film ist der gewisse Nagel aufm Kopf, die Faust aufs Auge und in all seiner Dramatik intensiv und packend, auch wenn keiner der Darsteller, gleichermaßen Insassen und Wärter Symphatie erzeugen. Mal abgesehen von dem wirklich gut spielenden Archer der höchstpersönlich die generelle Ausrichtung des Filmes und der kritischen Thematik dahinter verdeutlicht.
In Sachen technischer Finesse darf man sicherlich nicht zu viel erwarten, schliesslich ist der Film von 1979 und indes wird hier visuell nicht viel rumprobiert. Das Bild der DVD - Veröffentlich gerät etwas milchig, aber das stört beiweitem nicht die packende Unterhaltung. Die Kulissen des Filmes sind authentisch, wie der Rest dieses kleinen Meistwerkes, der öfters mal recht harsch zur Sache geht.
Am explizitesten sind da sicherlich die Szenen, in denen Davis von dreien vergewaltigt wird (anal) und sich daraufhin im Zimmer die Pulsadern aufschneidet. Die Brutalität im Film ist für das Alter des Films recht brutal aber in seiner intensiven Umsetzung nur mehr als konsequent. Das abrupte Ende nach der Kantinenrevolte, sich das Blatt wendete und danach wieder die Insassen unterworfen werden und für den gestorbenen "Freund" Davis schweigen mag zwar plötzlich und sicher für einige unverständlich erscheinen und unerwartet kommen, lässt aber diesen bleibenden Eindruck beim Zuschauer, der dazu führt, dass man erstmal das Gesehene sacken lassen muss.
Fazit:
Ein schonungsloser, packender und durchweg stilsicherer, dramatischer Film, der wie die Faust aufs Auge ist. Die Thematik ist glaubhaft geschildert, die Darsteller tun ihre Sache ausserordentlich gut und nachvollziehbar. Ein psychologisch wertvoller Film meiner Meinung nach, der Augen öffnet, aber leider niemals verändern kann. Dafür ist die menschliche Psyche zu sehr in seinem falschen Stolz erstickt und ohnehin als Mensch zu Unmensch um seine Menschlichkeit perfekt auszuleben.
Menschen erweitern ihren inneren Abgrund an der Schwachheit des anderen, dass wird ewig so bleiben, und daher gewährt ewig der innere Hass, die Wut gegenüber des Menschen, worauf das Ende des Filmes ohne wirkliches Ende oder Lösung darin wieder verständlich wird. Ein emotionaler Film, der durchweg zu empfehlen ist.
83%