Originaltitel: OstPunk! Too much future
Herstellungsland: Deutschland
Erscheinungsjahr: 2006
Regie: Carsten Fiebeler, Michael Boehlke
Länge: ca. 93 Min.
Darsteller: Cornelia Schleime, Mike Göde, Daniel Kaiser, Mita Schamal, Colonel, Bernd Stracke
OstPunk! too much future erzählt aus der Zukunft über eine Vergangenheit, in der die Zukunft eine Keine war. Zumindest nicht unter Bestimmung einer subkulturellen Bewegung, die sich wie keine andere konsequenterweise gegen ein ganzes System stellt. Punk im Osten ist dabei noch berechtigter als Sonstwo, in einem Staat, in dem der Apparat ganze Individuen zu einem Kollektiv formen will und eine ganze Jugend formen und normen möchte. Punk im Osten bedeutete letztendlich totale Verweigerung, totale Verweigerung gegen ein System, welches totale Anpassung des Menschens und der Jugend als höchstes Ziel hat. Das sich aus diesem Apparat der Unvernunft eine Bewegung formt, die ihr Maul aufreisst, was zu sagen hat und dagegen was zu sagen hat und querstellt, dass ist die Konsequenz von jedem einzelnen, der seine Freiheit sucht. Heraus aus gesellschaftlich angepassten Zwängen, eine totale Ablehnung jeglicher Autorität, künstlerisch, optisch wie auch politisch.
Das ist Punk im Osten. Radikal und gleichzeitig auch extrem gefährlich, denn Punk im Osten war vorallem eins, nämlich gesellschaftlich noch weniger angesehen wie politische Gegner oder böse verführerische Musik aus dem Westen. Eine Bewegung die für Menschlichkeit und gegen Zwänge prangerte, eine Bewegung, die dort etwas bewegen wollte, wo es etwas zu bewegen galt. In einer Gesellschaft von gleichgeschalteten, seelenlosen Körpern, die sich der Übermacht eines System stellten, und daher ist Punk im Osten eine Zeit wo zwei Extreme aufeinander prasselten. Der Film portraitiert biografisch das Leben einiger Menschen, die damals selbst Teil einer Szene waren, die die Szene formten, unterstützen und gleichermaßen bekannt machten. OstPunk! Too much Future gelingt der schwere Versuch, eine Zeit näher zu bringen, in der das selbstbestimmte Leben so extrem wie riskant war, wie sonst nirgendwo, und dabei macht der Film alles richtig, indem er einzelne Leute von damals selbst erzählen lässt. Das ist nicht nur Authentik pur, wenn die Schlagzeugerin von Namenlos, im Erzählen einer Gefängnisgeschichte in Tränen ausbricht, als wäre es erst gestern gewesen, sondern vermittelt auch noch die Ehrlichkeit einer Szene, die vollkommene Humanität als Ziel hatte.
Und das tolle daran ist, dass der Film zwischen bizarren, fast schon utopisch wirkenden Szenen von DDR Festzügen und rohen, aggressiven Punkkonzerten wechselt. Da prasseln zwei Welten aufeinander, wie Feuer auf Wasser. In diesem Fall das Wasser als Staatsoberhaupt, Stasi als Unterdrücker gegen jedes Individium, dass Feuer und Flamme war, sich gegen ein System zu stellen. Die Auslöschung als höchstes Ziel und so war es nicht selten der Fall, dass viele Punkbands und auch Punks mit Gefängnisstrafen rechnen mussten. Die einzelnen Protagonisten und Erzähler aus jener Zeit, darunter eine heutige Kunstmalerin, die ihren Drang nach Veränderung in Bildern, Musik und politischen Aktionen zur Geltung brachte, zeigen uns nicht nur in liebevollen und ehrlichen Erzählungen wie hart diese Zeit gewesen sein müsste, sondern auch wie schnell und extrem es war, unter ständiger Beobachtung zu leben. Ein Leben, dass sehr bald von Verfolgungswahn, Ratlosigkeit und purer Angst regiert wurde, und rein musikalisch machte sich auch diese Wut und Verzweiflung in den Texten der Bands nieder.
Bands wie L'Attentat, Wutanfall, Zwitschermaschine, Schleimkeim, Namenlos und Planlos wurden legendär, heute gelten ihre Scheiben als rare Sammlerstücke, doch ihre Musik war damals der fehlgeschlagene Versuch ihren Wehmut und Trotz auszudrücken, egal wie minimalistisch auch das Können jener Protagonisten ist ein Instrument zu bedienen. Was zählt war die Aussage, eine Aussage die ehrlich ist und das ist der Film im Insgesamten ohne weiteres. Die Protagonisten geben sich wirklich Mühe, stecken dokumentarisches Herzblut in den Film, der eine Zeit dokumentiert, die Musikgeschichte schrieb. Dabei ist der Film aber leider stellenweise zu Personenbezogen, beschränkt sich viel zu oft auf Erzählszenen, in denen einfach der Charme fehlt, da viele Deutungen und Erklärungen zu abgehakt sind, um verstanden zu werden. Vorallem als Aussenseitiger, der die Zeit nicht miterlebte, oder gar nichts mit der Punkszene und der Ideologie anfangen kann, bleibt da auf der Strecke, vorallem fühlt man den Reiz nicht allzusehr. Doch wer bei Bands wie Schleimkeim und Namenlos ein nasses Höschen bekommt, der sollte sich diesen Film genehmigen, denn zwischendrin zeigt uns der Film immer wieder alte Aufnahmen von Konzerten, politischen Aktionen und Szenen aus dem privaten Leben einiger Punks.
Leider fehlt von Schleimkeim jegliche Spur, sie werden lediglich erwähnt, aber insbesondere auf diese Band hätte man näher eingehen können, vorallem weil der Mensch Otze, der Sänger jener Band, rein menschlich gesehen ein Extremfall als Punk darstellte. Schliesslich köpfte er erst seinen Vater und erhing sich später im Gefängnis. Das zeugt insofern von der Ausweglosigkeit in einem System, dass die Menschen dort drin zu seelischen Krüppeln werden liess, die langsam aber sicher zu explodieren begannen. Aber als Punkinterssierter erlebt einen authentischen Einblick jener Tage, nicht mehr und nicht weniger.
Fazit:
Durchaus authentischer, ehrlicher, bizarrer, personenbezogener Film, der eine Zeit und Jugendbewegung beschreibt, die extremer nicht hätte sein können. Dabei versprüht er sehr viel Charme und zeigt uns, dass, wo auch immer etwas ist, die Gegenbewegung gegen eine Utopie ist nie fern.
78%
Herstellungsland: Deutschland
Erscheinungsjahr: 2006
Regie: Carsten Fiebeler, Michael Boehlke
Länge: ca. 93 Min.
Darsteller: Cornelia Schleime, Mike Göde, Daniel Kaiser, Mita Schamal, Colonel, Bernd Stracke
OstPunk! too much future erzählt aus der Zukunft über eine Vergangenheit, in der die Zukunft eine Keine war. Zumindest nicht unter Bestimmung einer subkulturellen Bewegung, die sich wie keine andere konsequenterweise gegen ein ganzes System stellt. Punk im Osten ist dabei noch berechtigter als Sonstwo, in einem Staat, in dem der Apparat ganze Individuen zu einem Kollektiv formen will und eine ganze Jugend formen und normen möchte. Punk im Osten bedeutete letztendlich totale Verweigerung, totale Verweigerung gegen ein System, welches totale Anpassung des Menschens und der Jugend als höchstes Ziel hat. Das sich aus diesem Apparat der Unvernunft eine Bewegung formt, die ihr Maul aufreisst, was zu sagen hat und dagegen was zu sagen hat und querstellt, dass ist die Konsequenz von jedem einzelnen, der seine Freiheit sucht. Heraus aus gesellschaftlich angepassten Zwängen, eine totale Ablehnung jeglicher Autorität, künstlerisch, optisch wie auch politisch.
Das ist Punk im Osten. Radikal und gleichzeitig auch extrem gefährlich, denn Punk im Osten war vorallem eins, nämlich gesellschaftlich noch weniger angesehen wie politische Gegner oder böse verführerische Musik aus dem Westen. Eine Bewegung die für Menschlichkeit und gegen Zwänge prangerte, eine Bewegung, die dort etwas bewegen wollte, wo es etwas zu bewegen galt. In einer Gesellschaft von gleichgeschalteten, seelenlosen Körpern, die sich der Übermacht eines System stellten, und daher ist Punk im Osten eine Zeit wo zwei Extreme aufeinander prasselten. Der Film portraitiert biografisch das Leben einiger Menschen, die damals selbst Teil einer Szene waren, die die Szene formten, unterstützen und gleichermaßen bekannt machten. OstPunk! Too much Future gelingt der schwere Versuch, eine Zeit näher zu bringen, in der das selbstbestimmte Leben so extrem wie riskant war, wie sonst nirgendwo, und dabei macht der Film alles richtig, indem er einzelne Leute von damals selbst erzählen lässt. Das ist nicht nur Authentik pur, wenn die Schlagzeugerin von Namenlos, im Erzählen einer Gefängnisgeschichte in Tränen ausbricht, als wäre es erst gestern gewesen, sondern vermittelt auch noch die Ehrlichkeit einer Szene, die vollkommene Humanität als Ziel hatte.
Und das tolle daran ist, dass der Film zwischen bizarren, fast schon utopisch wirkenden Szenen von DDR Festzügen und rohen, aggressiven Punkkonzerten wechselt. Da prasseln zwei Welten aufeinander, wie Feuer auf Wasser. In diesem Fall das Wasser als Staatsoberhaupt, Stasi als Unterdrücker gegen jedes Individium, dass Feuer und Flamme war, sich gegen ein System zu stellen. Die Auslöschung als höchstes Ziel und so war es nicht selten der Fall, dass viele Punkbands und auch Punks mit Gefängnisstrafen rechnen mussten. Die einzelnen Protagonisten und Erzähler aus jener Zeit, darunter eine heutige Kunstmalerin, die ihren Drang nach Veränderung in Bildern, Musik und politischen Aktionen zur Geltung brachte, zeigen uns nicht nur in liebevollen und ehrlichen Erzählungen wie hart diese Zeit gewesen sein müsste, sondern auch wie schnell und extrem es war, unter ständiger Beobachtung zu leben. Ein Leben, dass sehr bald von Verfolgungswahn, Ratlosigkeit und purer Angst regiert wurde, und rein musikalisch machte sich auch diese Wut und Verzweiflung in den Texten der Bands nieder.
Bands wie L'Attentat, Wutanfall, Zwitschermaschine, Schleimkeim, Namenlos und Planlos wurden legendär, heute gelten ihre Scheiben als rare Sammlerstücke, doch ihre Musik war damals der fehlgeschlagene Versuch ihren Wehmut und Trotz auszudrücken, egal wie minimalistisch auch das Können jener Protagonisten ist ein Instrument zu bedienen. Was zählt war die Aussage, eine Aussage die ehrlich ist und das ist der Film im Insgesamten ohne weiteres. Die Protagonisten geben sich wirklich Mühe, stecken dokumentarisches Herzblut in den Film, der eine Zeit dokumentiert, die Musikgeschichte schrieb. Dabei ist der Film aber leider stellenweise zu Personenbezogen, beschränkt sich viel zu oft auf Erzählszenen, in denen einfach der Charme fehlt, da viele Deutungen und Erklärungen zu abgehakt sind, um verstanden zu werden. Vorallem als Aussenseitiger, der die Zeit nicht miterlebte, oder gar nichts mit der Punkszene und der Ideologie anfangen kann, bleibt da auf der Strecke, vorallem fühlt man den Reiz nicht allzusehr. Doch wer bei Bands wie Schleimkeim und Namenlos ein nasses Höschen bekommt, der sollte sich diesen Film genehmigen, denn zwischendrin zeigt uns der Film immer wieder alte Aufnahmen von Konzerten, politischen Aktionen und Szenen aus dem privaten Leben einiger Punks.
Leider fehlt von Schleimkeim jegliche Spur, sie werden lediglich erwähnt, aber insbesondere auf diese Band hätte man näher eingehen können, vorallem weil der Mensch Otze, der Sänger jener Band, rein menschlich gesehen ein Extremfall als Punk darstellte. Schliesslich köpfte er erst seinen Vater und erhing sich später im Gefängnis. Das zeugt insofern von der Ausweglosigkeit in einem System, dass die Menschen dort drin zu seelischen Krüppeln werden liess, die langsam aber sicher zu explodieren begannen. Aber als Punkinterssierter erlebt einen authentischen Einblick jener Tage, nicht mehr und nicht weniger.
Fazit:
Durchaus authentischer, ehrlicher, bizarrer, personenbezogener Film, der eine Zeit und Jugendbewegung beschreibt, die extremer nicht hätte sein können. Dabei versprüht er sehr viel Charme und zeigt uns, dass, wo auch immer etwas ist, die Gegenbewegung gegen eine Utopie ist nie fern.
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