Produktionsland: Großbritannien
Produktion: Anthony Hinds
Erscheinungsjahr: 1963
Regie: Don Sharp
Drehbuch: Anthony Hinds
Kamera: Alan Hume
Schnitt: James Needs
Spezialeffekte: Les Bowie
Budget: ca. -
Musik: James Bernanrd
Länge: ca. 84 Min.
Freigabe: FSK 16
Darsteller: Clifford Evans, Edward de Souza, Noel Willman, Jennifer Daniel, Barry Warren, Brian Oulton, Noel Howlett, Jacquie Wallis, Peter Madden, Isobel Black, Vera Cook, John Harvey
Inhalt:
Dem jungen Ehepaar Gerard und Marianne geht auf ihrer Reise der Sprit aus und sie müssen in einem einsamen Hotel übernachten. Obwohl die Leute dort zuvorkommend sind, müssen sie bald merken, dass hier etwas nicht ganz koscher ist. Sie gelangen in die Fänge einer Vampirsekte.
(enthält Spoiler)
Der Kuss des Vampirs, der wohl wahrlich kein grosses Ansehen innerhalb der Veröffentlichungen um den Vampirmythos von Hammer geniesst, auch recht unbekannt, nicht in der Reihe um Lee / Cushing, beginnend von Horror of Dracula (1958) gehört und auch völlig abseits der späten Karnstein - Trilogie ( Nur Vampire küssen blutig zb.) erschien, dürfte wohl auch so vielen Hammerfans und 60er Jahre Vampirfans zwiespältig aufstossen, oder eben nur in Ansätzen gefallen, gerät der Regisseur Don Sharp, der auch für viele Episoden der Hammer - Abgesangs - Mini - Tv - Serie Hammer House of Horror (1980) zuständig schien, in seiner ersten wirklichen Horror ,- / Gruselproduktion auf Vampirfilmklischee - untypische Gefilde, dürfen seine untoten Blutsauger auch am Tageslicht verweilen, sofern kein Sonnenlicht nah, sind in grossen Mengen wie eine Familie unscheinbar und vertraut angesiedelt und geben sich nahezu seriös zuvorkommend, während sie innerhalb des Dorfes guten Ruf geniessen. Ein weiterer Grund für mögliches Missgefallen mag wohl auch das Fehlen solcher Darstellergrössen wie Lee und Cushing sein, obwohl die Karnsteintrilogie auch ohne diese mehr als grandios war. Man mag jedwede Innovation, in die Sharp auch grosse Nuancen von Humor einbringt verübeln oder zugute sprechen, aber im Gesamtbetracht ist Der Kuss des Vampirs ein eher schwächerer Beitrag, was aber nicht bedeutet, dass die Luft hier vollends draussen ist. Im Gegenteil...
Beginnt der Prolog wohl doch genau so, wie man es sich aufgrund des allseits bekannten und herrlich künstlich nebelumwabernden Gruselgothicambiente erwartet, wirft uns der Film direkt in die Kulisse eines tristen Friedhofes. Dürre, kahle Bäume, graue, mit Rankengewächsen überwuchernde Altbauten, alte, dem Verfall nahestehende Gräber, hochtrabende Gruften und eine in dickem Fell gefurschte Trauergemeinde, mit gesenktem Haupte vor dem offenen Grabe, während im Hintergrund der Wintersorkan seine traurigen Melodien pfeift. Es kommt Fall auf Fall, es kommt die kalte, zerissene Kälte zum Blutüberstoss, denn der nicht gern gesehene und verschrobene Trinker, später als Dr. Professor Raven entlarvt, ein alter verzweifelter Wissender über die folgenden Untaten im Dorf, rammt der Beigesetzten den Spaten durch das Grab ins Herz, so als würde er wissen, um was es in diesem Dorf bestellt ist, während alle Anderen augenscheinlich ihre Augen verschliessen und der Wahrheit entfliehen möchten.
Blut quillt aus dem Sarg, das Bild bleibt stehen, der Filmtitel blendet sich ein, der Blick fährt in den Sarg, eine Vampirdame, das Bild färbt sich rot. Eine herrlich naive Gruselei, aber anders erwarten wir es auch nicht. Herrlich.
Ähnlich naiv springt der Film auch um, denn nach dem vorbereitenden Abgrund in die schrecklichen Umstände des Dorfes lernen wir konsequenterweise, ein grandioser Schachzug, aber genauso simpel wie der ganze Ablauf des Filmes, ein glückliches Ehepaar kennen, welches mit ihrem schicken Automobil, wir schreiben Anfang 20. Jahrhundert, auf der Reise ihrer Flitterwochen durch herrlich prachtvolle Wälder fährt, während ihnen der Sprit ausgeht. Kein Wunder, dass dort die Blicke nicht weit sind, tobt hoch oben im Schloss der Frischfleischerwartende Graf Ravna, wie wir wohl alle wissen, der Obervampir. Wie soll es auch anders sein. Raten muss man da nicht viel, auch wenn es uns vorenthalten bleibt.
Man mag solch ein Drehbuch verübeln und aufgrund seiner Vorhersehbarkeit verteufeln, aber alles Andere danach erreicht dabei leider oder glücklicherweise ähnliche Ausmaße. Die Einwohner des Dorfes sind ruhig, seelenruhig, zuvorkommend und erfreut über jeden Besuch, doch empfindsam auf gewisse Fragen und in der Tat in der Zwickmühle ihres Daseins, sind sie nicht viel mehr als kleine Würmchen, die von einer Macht beschattet, die im nächtsmöglichen Moment ihnen das Blut aussaugen könnte. Ihre Gutheit ein aufgespielter Trieb um Fremde aufs Schloss zu locken.
Don Sharp spielt mit typischen Motiven, denn auch hier wird der Vampir als geselliger und zuvorkommender Gentleman dargestellt, ähnlich wie Lugosis Inszenierung ist Dr. Graf Ravna ein vor Dekadenz strotzender Snob und Intellektueller, dessen Söhne und Töchter mit maßgeblichen Talent ausgestatter, ihre Gäste, das Ehepaar Gerald & Marianne mit Klavierspiel und reichlich Spirituosen um den Finger zu wickeln versucht.
Sharps Drehbuch ist dabei immer nachvollziehbar und routiniert, verstrickt sich aber zu selten in Höhepunkten oder allzu hochspannenden Szenen, gerät vorallem der Mittelteil in eine zu sehr angestrickte Wartezeit, denn Grusel bleibt dort weitesgehend auf der Strecke. Auch ein Vorteil, denn die Charaktäre gewinnen dadurch sehr an Tiefgang, was in Folgeszenen intensivierender auswirkt. Vorallem der verschrobene und verzweifelte Professor, reichlich am Alkoholkonsum bemüht, steigert sich in seiner Verbissenheit, diese unterdrückende und dämonisch umgarnende Brut der Vampire auszurotten. Szenen in denen jener zwei Vampiren entgegnet, sie sollten das Dorf verlassen, weil es aufzieht (die Sonne kommt raus), hat einen herrlich ironischen Unterton und zeugt von dem teilweise humorvollen Unterton des Filmes.
Freilich ist Der Kuss des Vampirs keine Komödie oder Parodie, doch auch diverse Szenen, in denen der Ehemann, von den Vampiren auf ihrem eigenen Maskenball abgefüllt, trunken durch die Korridore läuft und am nächsten Tage, verkatert hinters Licht geführt wird, zeugen von dieser Ausrichtung.
Leider und das muss man erwähnen, biedert die Darstellung der Vampire äusserst an, zumindest wirken sie später eher so, als befänden wir uns in einer Residenz einer Sekte voll Menschen im mittleren Alter, die ihren seelischen Frinden zu suchen versuchen, während die Mimik des Vampirs in seinen Beisserszenen allzu aufgesetzt und unfreiwillig komisch wirkt. In Sachen gruseliger Darbietung wird hier bezüglich Christopher Lee der Kürzere gezogen, und auch sonst erleidet der Film aufgrund seiner Selbstzensur in maßgeblichen Szenen der Genickbruch. Sicherlich nicht der Abrund, aber hilfreich ist es keinenfalls. Da war selbst Dracula (1958) expliziter. Doch immerhin pocht der Film ein wenig auf erotisierende und verführerische Vampirdamensexappeal...
Wer aber mal ein von Fledermäusen verursachendes Massaker erleben möchte, dem sei das Finale ans Herz gelegt.
Fazit:
Sicherlich nicht die beste Vampirproduktion der HAMMER Studios, aber aufgrund des runden und routinierten Drehbuches in gewohnt stimmig, gothisch - atmosphärischer Einsiedlerkulisse ein Film der gemütlich und recht charmant unterhält, ohne jedoch allzu grosse Höhepunkte, sowie glorreiche Szenen darzubieten. Mal von Einführung und Finale abgesehen.
67%