Produktionsland: Deutschland
Produktion: Peter Herrmann, Thomas Schühly
Erscheinungsjahr: 1995
Regie: Romuald Karmakar
Drehbuch: Romuald Karmakar, Michael Farin
Kamera: Fred Schuler
Schnitt: Peter Przygodda
Länge: ca. 110 Minuten
Freigabe: FSK 12
Darsteller: Götz George, Jürgen Hentsch, Pierre Franckh, Hans-Michael Rehberg, Marek Harloff
Inhalt:
Der Film behandelt den realen Fall des Serienmörders Fritz Haarmann, der 1924 wegen der Ermordung
von 24 Jungen bzw. Männern im Alter von 10-22 Jahren vom Schwurgericht Hannover zum Tode verurteilt wurde. Er zeigt auszugsweise die Befragung Haarmans durch den psychiatrischen Gutachter Ernst Schultze. Die Dialoge sind den Originalverhörprotokollen entnommen.
Trailer:
Meinung :
Kann ein Film, der zu 90% aus der originalgetreuen Nachstellung einer Befragung zwecks Feststellung der Schuldfähigkeit eines Massenmörders besteht, den Zuschauer in seinen Bann ziehen? Oh ja! Absolut.
Der Zuschauer sieht stets den selben kargen Raum, zwei Männer die sich an einem Tisch gegenübersitzen, in einem fast zweistündigen, fortwährenden Frage-Antwort-"Spiel", und einen weiteren Mann der ihnen schweigend beisitzt und das Gespräch protokolliert.
Dieser Mann bzw. sein reales Vorbild aus dem Jahre 1924 hat damals über einen Zeitraum von 6 Wochen ein über 400 Seiten langes Vernehmungsprotokoll aufgezeichnet, aus dem für diesen Film über 80 verwendet wurden.
Götz George spielt den Befragten, den des 24fachen Mordes Angeklagten Fritz Haarmann.
Jürgen Hentsch spielt den Gutachter Ernst Schultze.
Haarmann, zu Anfang noch verschüchtert und misstrauisch, wird von Hentsch zunächst auf sein Allgemeinwissen und seine Intelligenz hin untersucht. Sofort bekommt der Zuschauer den Eindruck eines offenbar zurückgebliebenen, geradezu kindlich-naiven Menschen.
Die Befragungen erstrecken sich weiter über seine Kindheit, seinen Werdegang, seine Einstellung gegenüber Werten und somit seines Rechtsempfindens bis hin zur Schilderung seiner Taten und der Zerstückelung und Beseitigung seiner Opfer. Hier zeichnet sich ein verwirrendes Bild eines Menschen, der sich selber offenbar für anständig hält, sich trotzdem aber seiner Taten bewußt ist. Eines Menschen der durch das Raster aller sozialen Netze fiel mit einem völlig verquerem Bild von Moral und Schuld und mit den gleichsam naiven wie großspurigen Charakterzügen eines Kindes.
Ich möchte nicht zu sehr ins Detail gehen, eine Stärke des Films ist, dass er nicht wertet und somit möchte ich das auch nicht tun sondern jedem selbst überlassen.
Herausstellen muss man aber auf jeden Fall die Leistung der beiden Hauptdarsteller, vor allem die von Götz George. Für mich zählte er immer schon zu den besten deutschen Schauspielern aber was er hier abliefert ist absolut brilliant.Er spielt nicht, nein - er lebt diese Rolle. Man ist fasziniert, gerührt und entsetzt zugleich. Sein Gegenüber, Ernst Schultze, spielt gleichermaßen stark.
Dieses "Kammerspiel" schockt und geht an die Psyche, meiner Meinung nach viel mehr als es bildgewaltige "So krank ist die Welt-Vorschlaghämmer" wie A Serbian Film können.
Die 110 Minuten vergingen wie im Fluge und ließen mich erschüttert und nachdenklich zurück. Kann bzw. darf man für einen Massenmörder Mitgefühl oder sogar Sympathie empfinden?
Ganz starker Film, absolut empfehlenswert!
The girl that silenced the world for 6 minutes...
https://www.youtube.com/watch?v=Sj00vO48MTk
Severn Suzuki
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Severn Suzuki