Produktionsland: Italien
Produktion: Dario Argento , Angelo Jacono
Erscheinungsjahr: 1985
Regie: Dario Argento
Drehbuch: Dario Argento , Franco Ferrini
Kamera: Romano Albani
Schnitt: Franco Fraticelli
Spezialeffekte: Antonio Corridori, Danilo Bollettini
Budget: ca. 3.800.000 $
Musik: Simon Boswell, Goblin
Länge: ca. 111 Min.
Freigabe: FSK Keine Jugendfreigabe (Cut)
Darsteller: Jennifer Connelly, Daria Nicolodi, Dalila Di Lazzaro, Patrick Bauchau, Donald Pleasence, Fiore Argento, Federica Mastroianni, Fiorenza Tessari, Mario Donatone, Francesca Ottaviani, Michele Soavi
Inhalt:
Jennifer (Jennifer Connelly), Tochter eines amerikanischen Filmstars, wird auf ein schweizer Internat geschickt, in dessen Nähe sich ein Mädchenmörder herumtreibt, der seinen Opfern die Köpfe abtrennt und die Leichen verschleppt. Die Polizei hofft, mit Hilfe eines behinderten Insektenforschers (Donald Pleasence), dem Mörder auf die Spur zu kommen. Tatsächlich hat Jennifer viel bessere Chancen, denn sie hat telepathischen Kontakt zu allen Arten von Insekten. Leider schlafwandelt sie auch, weswegen sie von den Mitschülerinnen nicht gerade geliebt wird. Auf Drängen des Professors macht sie sich mit einer Leichenfliege auf den Weg den Mörder zu suchen...
Blu-Ray Österreich: 23.04.2012 Uncut
Trailer:
Dario Argentos Phenomena gilt als einer seiner vielkritisierten aber auch am meisten hochgelobten Meisterwerke nach Suspiria, Tenebre und Profondo Rosso. Dario Argento gilt als exzentrischer, kunstbewusster Filmemacher, der durch seine Filme, dem Genre Horror / Thriller neue Impulse verlieh, überwiegend natürlich dem europäischen Kino. So unterscheidet er sich förmlich in allen Belangen von seinen italienischen Kollegen wie Fulci, D'Amato oder bzw. Mattei. Eines wird ihm aber immer und immer wieder vorgeworfen. Seine Gewalt an Frauen und allgemein seine Gewalt in Filmen wäre ahnlich selbstzweckhaft inzeniert wie jener eben genannter Italokollegen. Ebenso wird ihm tiefgründiger Frauenhass vorgeworfen. Aber ebenso gibt es auch andere Kritiker, Fans etc. die diese Gewalt unter einem anderen Aspekt sehen. Darin vielmehr eine Kunst sehen, in Verbindung mit seinen Bildern, Farben oder Darstellung. Wie anzumerken, bin ich, wohl einer dieser Menschen, oder besser gesagt ein Fan, der PHENOMENA in allen Belangen nur in den Himmel loben kann. Aber zuerst einmal zum Wesentlichen.
In der Schweiz geht ein unbekannter Killer umher. Nach einem Ausflug von ein paar Touristen verpasst ein Mädchen hysterisch den Bus, der auch letztendlich ohne sie losfährt. Allein diese Szene offenbart schon soviel Widersprüchlichkeit zwischen Schönheit und Grausamkeit. Wer kennt diese Angst nicht. Man bleibt irgendwo zurück und weiss nicht mehr weiter. Meilenweit von der Heimat entfernt. Allein dies im Kopf zu umdecken ist Horror pur. So beschliesst das Mädchen, allein und zurückgelassen in den schönen Bergen der Schweiz, ein Haus aufzusuchen. Das Haus birgt aber offensichtlich große Gefahren. Direkter Szenewechsel. Das Mädchen läuft über eine blumenbedeckte Wiese, dahinter die prachtvollen, schneebedeckten Berge, Vogelzwitschern, dann das Ertösen der druckvollen und erdrückenden Filmmusik Goblins. Sie wird geköpft, von einem unbekannten Killer.Was man erkennt sind schwarze Handschuhe. Ihr Körper und Kopf fällt durch eine Glasscheibe eines Aussichtspunkt, dahinter ein Wasserfall. Alles in Zeitlupe. Allein diese Szenen dieser 10 Minuten sind geladen mit Schönheit, Grausamkeit, Kunst und Furcht. Und wiedermals vermochte es Argento seine Morde explizit diese Szene im Fenster ungemein zu ästhetisieren. Diese Szene bleibt im Kopf. Auf die Ewigkeit. Nach ein paar Monaten problematischer Erkundigungen der Polizei, natürlich ohne grosse Erfolge, schaltet man den Professor McGregor zu Rat, dessen Kollegin Rita ebenfalls Opfer des Frauenmörders wurde. Er kann durch Larven und Insekten den genauen Todeszeitpunkt feststellen. Zur selben Zeit kommt Jennifer Corvino, die Tochter eines bekannten Musikers in Zürich an um dort auf ein Mädcheninternat zu gehen. Zufälligerweise hat sie, die Möglichkeit Insekten zu beherrschen, zu rufen, zu beeinflussen und sie zu verstehen. Nachdem Jennifer in das Internat einzog, passieren dort auch schon die ersten Morde. Jennifer gelangt durch Schlafwandel zum besagten Professor, freundet sich mit diesem an und tauschen ihre schrecklichen Ereignisse aus, aufgrund der Morde und ihrer beidseitigen Interessen und der Fähigkeiten Jennifers, beschliesst man mit Hilfe einer Leichenfliege die Leichen finden zu können. Tatsächlich, Jennifer macht sich auf den Weg, zu riskieren hat sie nichts, im Internat gilt sie als Zombie und Hexe aufgrund ihrer seltsamen Fähigkeiten und ihrer Schlafwandlerei. Was sie aber auf ihrer Entdeckungsreise wiederfahren muss, ist der reinste Alptraum.
So konfus und wirr diese Story auch klingen mag, so etlich diese Zufälle gestreut sind und all dieses Übermenschliche nach immenser Lächerlichkeit klingt desto bemerkenswerter wurde dies in ein wunderschönes Gesamtbild gepackt, das vor Traum, Wahn und Irrealismus nur so strotzt. Jede Szene, jedes Bild verfehlt seine Wirkung nicht, ist jedes dieser absolut ästhetisch eingefasste Szenen mit dem absolut erhabenen Soundtrack der Band Goblin unterlegt. Ehrlich, dieser Film fesselt, ähnlich wie Suspiria vermag er eine Stimmung aufzubauen, die zwar ähnlich erdrückend ist, ähnlich morbide wirkt aber durch seine schönen Kulissen vielmehr Schönheit gewinnt. Wenn Jennifer wie in Trance ihre Insekten ruft, mit ihrem weissen Kleid durch die düsteren Wälder wandert und ihre Visionen während dem Schlafwandeln hat, dann sind es diese Szenen, die alles in dem Film so unscheinbar und surreal wirken lassen. Vielmehr ist es dieses künstlerische Vermögens von Argento, seine Szenen in soviel Ausdruckskraft und Aussage zu stecken, dass man vor Schrecken und Schönheit kaum zu Atmen fähig ist. Das Ende beweist wiedermal mit aller Tragödie und Vielschichtigkeit mit welchem Enthuziasmus Argento an dieses Werk ranging. Wenn auch seine Splatterorgien, vielmehr kritisiert werden, so ergänzt sich das Ende, voll mit diesen Gewaltdarstellungen, als passend oder gar notwendig um dem Ganzen mehr Ausdruck zu verleihen. Was zurückbleibt sind etliche Fragen und nach dem Ansehen des Filmes fühlt man sich tatsächlich anders. Teils benommen, teils zurückgenommen und verwirrt und doch ist man überwältigt über soviel Schönheit, Morbidität und Ausdruck seiner Bilder.
Fazit:
Extrem vielschichtiger und extrem künstlerischer Film, der absolut zu den grössten Meisterwerke des Genres zählt. Soviel Schönheit, Widersprüchlichkeit, Morbidität und Mischungen verschiedenster Genres vermochte kein anderer Film wieder derart umzusetzen und gekonnt zu vereinen. Irgendwo zwischen Horror, Thriller, Giallo, Mystik, Drama und Kunst, ist Phenomena schlichtweg phenomenal und perfekt.
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