Ein andalusischer Hund

    • Ein andalusischer Hund



      Alternativer Titel: Un chien Andalou
      Produktionsland: Frankreich
      Erscheinungsjahr: 1929
      Regie: Luis Buñuel
      Drehbuch: Luis Buñuel, Salvador Dalí
      Kamera: Albert Duverger
      Schnitt: Luis Buñuel
      Musik: Tristan und Isolden (Richard Wagner)
      Länge: ca. 16 Minuten
      Freigabe: FSK 16
      Darsteller: Pierre Batcheff, Simone Mareuil, Luis Buñuel, Robert Hommet, Jaume Miravitiles, Salvador Dalí


      Inhalt:
      Ein Mann wetzt ein Rasiermesser. Er tritt auf den Balkon, sieht sich den Vollmond an. Plötzlich steht er hinter einer Frau, und schneidet ihr das Auge durch. Acht Jahre später. Ein Mann in Nonnenkleider fährt mit dem Fahrrad durch die Straße, ein Holzkästchen um den Hals. Dann fällt er mit dem Rad um und ist tot. Eine Frau legt Kleider auf ein Bett, der Mann ist wieder da. Aus einem Loch in seiner Hand kommen Ameisen. Behaarte Achseln, ein Seeigel. Eine abgetrennte Hand auf der Straße und ein Autounfall. Eine versuchte Vergewaltigung und ein Klavier mit Eselskadavern, an dem noch zwei Priester hängen....


      Film:



      Review:

      Un Chien Andalou, ein Film der beiden Ausnahmekünstler Buñuel und Dalí, ist einer der Filme, bei dem man sich eine Inhaltsangabe sparen könnte. Da dem Film ein roter Faden völlig fehlt, bringt einen das Lesen des Inhalts nur bedingt weiter.
      Nach der ersten Sichtung ist man zuerst überfordert, mann kann die gesehenen Bilder nicht zu einem Ganzen ordnen, findet keine erklärbare Geschichte, nichts. Aber trotzdem hatte ich irgendwie gleich das Gefühl, dass mich Un Chien Andalou doch beeindruckt hat. Ich fand ihn auf eine ganz eigene Art und Weise schön.

      Sicherlich, man könnte den Film jetzt Szene für Szene auseinander nehmen, über die zerschlagene Narration philosophieren oder die quasi nicht existierenden räumlichen und zeitlichen Strukturen untersuchen. Das mache ich jetzt aber nicht, denn ich sehe den Film als das an, als was ihn Buñuel und Dalí damals wahrscheinlich auch konzipiert haben. Als großes FUCK YOU an Gesellschaft, Staat, Kirche, Sexualmoral und vor allem die unwissenden und nichtsahnenden Zuschauer. Auch wenn der Aufschrei bei diesem Film noch nicht so groß war, bei seinem nächsten Film, L´Age D´Or, sollte es ihn dann geben.

      Was man dem Film aber am meisten Anrechnen muss, ist sein Einfluss auf spätere Filmemacher. Immerhin war Un Chien Andalou einer der ersten, wenn nicht DER erste surrealistische Filme überhaupt. Man kann die Leistung diese Filmes nicht hoch genug einschätzen, wenn man sich spätere Filme wie Meshes Of The Afternoon (Maya Deren) oder El Topo und Holy Mountain (Alejandro Jodorowsky) ansieht. Weitere Regisseure mit surrealen Untertönen, die mir noch spontan einfallen, wären z.B. Jean Cocteau, Kenneth Anger, Federico Fellini, Andrzej Zulawski, David Lynch , Roman Polanski, Ingmar Bergman, Alain Resnais...
      Diese Liste ließe sich noch beliebig weiterführen. Man sieht also, welche Auswirkungen Filme wie Un Chien Andalou oder L´Age D´Or auf die Filmgeschichte hatten.

      Um jetzt wieder zu Un Chien Andalou zurück zu kehren, am Ende entlassen uns Buñuel und Dalí mit einer der verstörendsten, bedrückendsten aber gleichzeitig auch schönsten Szene die ich je gesehen habe. Das Liebespaar, welches zuvor noch über den Strand spazierte, steckt halb eingegraben im Sand. Ihr Blick nach oben, seiner nach unten. Sie wirken versteinert. Ein Bild, dass man wohl nie wieder vergisst.

      [film]10[/film]
      What fools these Mortals be!
    • :5: Danke Logge, freut mich dass es dir gefallen hat:)
      What fools these Mortals be!
    • die vorstellung trifft es genau auf den punkt!

      ein sehr guter, beeindruckender und gleichzeitig verwirrender und verstörender film.

      ich war echt total überrascht, dass er mir so gut gefallen hat.

      der bleibt auf jeden fall hängen!

      [film]10[/film]
      "One side of me says, I'd like to talk to her, date her. The other side of me says, I wonder how her head would look on a stick? " (Edmund Kemper)
    • Wenn interesse besteht könnte ich auch mehr experimentelles Kino und Avantgarde vorstellen. Ich hätte noch Sachen von Maya Deren, Kenneth Angers Magick Lantern Cycle, im März dann La Jeteé usw....:)) Kobayashis "Hausu" werde ich auch demnächst noch vorstellen...also wäre genug zu tun :0:

      EDIT: Guy Maddins Filme sind hier sicherlich auch richtig, und evtl. auch noch die Filme von Tarkowsky.
      What fools these Mortals be!
    • Ich bin ein Fan von Salvador Dali und habe mir den Film mehrfach angesehen und ich muss zugeben: es fiel mir schwer den beim ersten Mal an einem Stück zu schauen. Man braucht Zeit, dass gesehene zu verdauen bzw. zu verstehen (wobei das vielleicht garnicht möglich ist) und das ist ein hartes Stück Arbeit. Jeder der sich für einen außergewöhnlichen und einmaligen Film interessiert, sollte sich dieses Werk einmal anschauen.

      Bewerten kann ich diesen Film nicht, da er mich einerseits abstößt, andererseits fasziniert.


      "das ist nicht möglih, einzig sabrina könnte man hart ran nehmen, die würde mit tollwütige hunde aus einer schüssel essen.. " Dr. Doom - Shoutbox am 22.08.2013
    • Hab ihn mir gerade angesehen. Eine WErtung spare ich mir hier mal. Denn die müsste nach meinen Maßstäben eher schlecht ausfallen. Das würde dem Ganzen aber wohl kaum gerecht.
      Ich lass das einfach mal so stehen, greifen kann ich für mich das Gesehene eh zu keiner Sekunde.
      Der Film beschäftigt mich, ob er das verdient hat kann ich noch nicht genau sagen... :5:
    • Schade=). Aber natürlich kann der Film nicht allen zusagen. Natürlich ist es auch nicht ein Film der einen direkt berührt, wie du richtig sagst, das ist ja ein Merkmal des Surrealismus. Sie bewegen den Zuschauer eben auf andere Art.
      What fools these Mortals be!
    • Ist natürlich nicht Jedermanns Sache. Ich finde den Film allerdings großartig.
    • Meine Einschätzung sollte auch nicht so negativ rüberkommen, wie Sie es wohl ist.
      Das Gesehene ist nicht schlecht, aber es hat nach einer Weile bei mir eben das Ziel verfehlt weiter schauen zu wollen. Ich brauche nicht zwingend eine greifbare Handlung aber dann muss mich das gesehene rasch in seinen Bann ziehen. Es hat mich auf jeden Fall beschäftigt und ein unangenehmes Gefühl in mir erzeugt, das können nicht viele Filme von sich behaupten.

      Was macht für euch die Faszination aus? Lediglich die Bilder? Oder auch ein möglicher Ansatz da irgendwas hinein zu interpretieren?

      Schwierige Kiste, deshalb gebe ich auch keine Wertung ab momentan, werde ihn aber wohl nochmal schauen.
    • Un Chien Andalou ist in meinen Augen ein ganz besonders bemerkenswertes Filmchen.
      Auch kann ich mir vorstellen, das er schwer zugänglich ist, aber der Film hat was und hat bei mir eine große Faszination ausgelöst.
      Ein Meisterwerk !! [film]10[/film] geb ich. lolp
    • Un Chien Andalou ist ein Klassiker des surrealistischen Films aus dem Jahr 1929. Luis Buñuel und Salvador Dalí verfilmten gegen die Erwartungshaltung des Publikums verstörende Bilder und reihten diese ohne erkennbaren Zusammenhang aneinander. Berühmt ist der Film insbesondere für seine schockierende Anfangsszene, in der ein Auge mit einer Rasierklinge zerschnitten wird. Ob es sich bei dieser Sequenz um eine Reflektion handelt, schließlich zerschnippeln die Macher dieses Films die Sehgewohnheiten ihres Publikums, bleibt ebenso ungewiss wie die Bedeutung der nachfolgenden Bilder.

      Unterlegt von argentinischem Tango und der Musik von Richard Wagner präsentieren Buñuel und Dalí ihre albtraumhaften Visionen, in der unter anderen eine Wolke den Mond durchschneidet, Ameisen aus der offenen Wunde einer Hand krabbeln und ein Mann mit Kadavern gefüllten Klavierflügeln durch die Wohnung zieht. Ein Großteil dieser Szenen stammen aus den Träumen der beiden Regisseure, so dass man eine tiefere Bedeutung hinter diesen Bildern nicht absprechen kann. Welchen Sinngehalt sie haben, entzieht sich jedoch einer allgemeingültigen Deutung, da sowohl Buñuel, alsauch Dalí eine Aussage darüber stets vermieden haben. Somit kann man als Zuschauer aus dem Gezeigten kaum etwas heraus-, höchstens hineininterpretieren. Das einzig Gewisse ist die Absicht der Regisseure, das Publikum provozieren und irritieren zu wollen, und das ist etwas, dass Un Chien Andalou auch heute noch schafft.

      Gemessen an der Zeit seiner Entstehung, zählt dieses Werk zu den bedeutendsten und unvergänglichsten Werken, aus dem David Lynch , Alejandro Jodorowsky und viele andere Regisseure, die sich dem Surrealismus verschrieben haben, ihre Inspirationen beziehen. Für Liebhaber des Surrealismus ist dieser Kurzfilm somit unumgänglich, ebenso wie er es für Horrorfilmliebhaber ist, schließlich gibt es hier eine der ersten Splatterszenen der Filmgeschichte zu sehen.

      [film]10[/film]
    • Original von Venom:
      Gemessen an der Zeit seiner Entstehung, zählt dieses Werk zu den bedeutendsten und unvergänglichsten Werken, aus dem David Lynch , Alejandro Jodorowsky und viele andere Regisseure, die sich dem Surrealismus verschrieben haben, ihre Inspirationen beziehen. Für Liebhaber des Surrealismus ist dieser Kurzfilm somit unumgänglich, ebenso wie er es für Horrorfilmliebhaber ist, schließlich gibt es hier eine der ersten Splatterszenen der Filmgeschichte zu sehen.


      Mit diesem Abschnitt hast du es auf den Punkt gebracht! "Ein Andalusische Hund" ist für mich ein ganz besonderes Stück Film. Allein die Einführungssequenz mit dem Augenschnitt wird auch als Mutter aller Folterfilme an den Augen angesehen. Auch Filme von den Regisseuren, die du hier aufgeführt hast, sind m.E. Universalgenies - ohne Zweifel. Die u.a. surrealistische Werke sind Meilensteine in der Filmwelt :prop:
    • Ja, das stimmt. Im Film ist die Zerstümmelung der Augen schon ein Tabu. Das haben sich nicht viele gewagt. Mir fallen noch die Filme von Lucio Fulci aus den 1980ern (Woodoo, The Beyond, The New York Ripper) und natürlich Evil Dead ein. Selbst Thriller ist erst 45 Jahre nach Un Chien Andalou gewesen. Das ist schon eine sehr provokante Szene, deren Einfluss man gar nicht hoch genug beimessen kann.
    • Hab oben mal den kompletten Film eingefügt, der Trailer war raus.

      Die Gewalteinlagen sind schon beachtlich, sind die ersten Splatterszenen auf Film, dafür kann man das schon mal sehen. Inhaltlich wie üblich für mich nicht zu verstehen, da müsste man reininterpretieren können und dass kann ich nicht, dass dürfte aber schon bekannt sein. ;)
    • @Deathshark: Ich weiß ist drei Jahre her, aber ich würde gerne mehr Vorstellungen von surrealen Filmen lesen!!!

      B2T: Ich habe den Film nicht mal ansatzweise verstanden (von dem her wäre ich über eine Erklärung natürlich sehr dankbar) ABER der Film bleibt nicht zuletzte wegen der Augen oder der Ameisenszene im Kopf. Der Film ist einzigartig und von der Erzählweise (weiß nicht genau wie ich das anders umschreiben soll) seiner Zeit um Lichtjahre voraus. Wäre ohne das Wissen, dass der Film von 1929 ist nie auf die Idee gekommen, dass er so alt ist. Wie gesagt was die Erzählstruktur angeht.

      Fand den Film wie gesagt äußerst Faszinierend, hätte nur gerne mehr über die Hintergründe gewusst, warum Bunuel diese Bilder genauso gewählt hat, was er sich dabei gedacht hat. WENN ich den FIlm im Kontext mit anderen Bunuelwerken sehe, dann denke ich das Fuck You an die Gesellschaft dürfte passen, diesen Stempel hat Bunuel bislang jedem Film den ich von ihm gesehen habe aufgedrückt mal offensichtlich mal weniger offensichtlich. Ich gebe zu, dass ich mit den neueren Bunuel nicht wirklich SO viel anfangen kann, aber ein Spiegel hält er einem jedes Mal vor.
      Wir sind der singende tanzende Abschaum der Welt!
    • TylerD schrieb:

      Wäre ohne das Wissen, dass der Film von 1929 ist nie auf die Idee gekommen, dass er so alt ist.
      Das sehe ich auch so, erstaunlich wie brutal diese Szenen wirken.
    • TylerD schrieb:

      @Deathshark: Ich weiß ist drei Jahre her, aber ich würde gerne mehr Vorstellungen von surrealen Filmen lesen!!!

      B2T: Ich habe den Film nicht mal ansatzweise verstanden (von dem her wäre ich über eine Erklärung natürlich sehr dankbar) ABER der Film bleibt nicht zuletzte wegen der Augen oder der Ameisenszene im Kopf. Der Film ist einzigartig und von der Erzählweise (weiß nicht genau wie ich das anders umschreiben soll) seiner Zeit um Lichtjahre voraus. Wäre ohne das Wissen, dass der Film von 1929 ist nie auf die Idee gekommen, dass er so alt ist. Wie gesagt was die Erzählstruktur angeht.

      Fand den Film wie gesagt äußerst Faszinierend, hätte nur gerne mehr über die Hintergründe gewusst, warum Bunuel diese Bilder genauso gewählt hat, was er sich dabei gedacht hat. WENN ich den FIlm im Kontext mit anderen Bunuelwerken sehe, dann denke ich das Fuck You an die Gesellschaft dürfte passen, diesen Stempel hat Bunuel bislang jedem Film den ich von ihm gesehen habe aufgedrückt mal offensichtlich mal weniger offensichtlich. Ich gebe zu, dass ich mit den neueren Bunuel nicht wirklich SO viel anfangen kann, aber ein Spiegel hält er einem jedes Mal vor.
      Der Inhalt, das Drehbuch dieses radikalen Werkes geht auf zwei Träume beider Künstler zurück. Jedoch filterten Buñuel und Dalí alleBilder und Ideen hinfort, die zu einer Erklärung oder logischen Rationalität hätten führen können. Ja, "Der andalusische Hund" sollte die Irritation, die Eliminierung des Verstandesmäßigen und der Psychologie in ihrer Totalen sein. Einetraditionelle Narration sucht man ebenfalls wie eine logischaufeinander aufbauende, sukzessive Szenenabfolge vergebens. Kein Schnitt, keine Aktion auf der Leinwand sollte erklärbar, nicht einmal konkret interpretierbar sein. So dient schon der Titel desFilms zur Verunsicherung: Einen Hund gibt es im ganzen Film nicht,und schon gar keinen andalusischen.

      Meine Meinung zum Film:

      Zu Beginn ist ein kostümierter Radfahrer zu sehen, der die Straße heraufkommt. Dann wechselt das Bild und sieht eine Frau im Zimmer.Sie scheint unruhig, denn offensichtlich erwartet sie ihn. Sie schaut aus dem Fenster und sieht, das er mit dem Fahrrad gestürzt ist. Sie läuft hastig aus dem Haus, um ihn zu helfen.

      Dann sind beide wieder im Zimmer und aus der Hand des Mannes kriechen Insekten. Offenbar sind beide darüber bestürzt. Dann schauen sie aus dem Fenster und sehen die Hand mit den Insekten auf die Straße liegen. Eine Gruppe von Leuten steht dort. Jemand hebt die Hand auf und die Gruppe löst sich wieder auf.
      Das deute ich auf ein drohendes Unheil.

      Dann wird eine Frau von einem Auto überfahren, die offensichtlich mit dem Pärchen im Zimmer im Zusammenhang steht. Da könnte der Zuschauer daraus schließen, dass beide ein Streitgespräch führen und die Frau Sex ablehnt und ihn zurück stößt.
      Verärgert schleift er schließlich 2 Leichen auf einer Art Brett und Seile quer durchs Zimmer. Zwischendurch ist wieder die Hand mit den Insekten zusehen.


      Der Schmetterling in Großaufnahme deutet ein baldiges Unheil an. Das zeigt sich in den Bildern von einer toten Frau im Wald. Wieder erscheint eine Gruppe, die die Leiche umringt...

      Zum Schluß ist wieder ein anderes Pärchen am Strand zu sehen. Der Strand ist steinig und vermüllt. Sie finden einige Kleidungsstücke... Daraus schließe ich, dass sich wohl ein Drama der höchsten Stufe bei den beiden im Zimmer abgespielt haben muss...

      Ein sehr schwer zugänglicher Film, den man sich nicht nur einmal ansehen sollte. Die surrealen Bilder verweben kunstvoll ineinander,unterstützt von der teilweisen surrealen Musik. Dem Zuschauer wird bald bewußt, dass er auf jedes Detail achten sollte, um eine Antwort auf seine evtl. Fragen finden zu können.
      Ich denke aber, dass jeder für sich den Film auf seine Weise interpretiert.
      Dem Film liegen die Träume von Luis Bunuel und Salvador Dali zugrunde, die "verwoben" in diesem Kurzfilm kraftvoll und mit besonderem Fingerspitzengefühl dargestellt sind.

      Hilft dir das weiter?