Länder: Deutschland, Tschechien, Italien
Erscheinungsjahr(e): 2021
Regie: Philipp Kadelbach
Musik: Michael Kadelbach, Robot Koch
Kamera: Jakub Bejnarowicz
Schnitt: Bernd Schlegel
Darsteller: Jana McKinnon, Lena Urzendowsky, Lea Drinda, Michelangelo Fortuzzi, Jeremias Meyer, Bruno Alexander, Angelina Häntsch, Sebastian Urzendowsky, Detlef Bothe, Bernd Hölscher, Hildegard Schmahl, Valerie Koch, Nik Xhelilaj, Hans-Heinrich Hardt, Joachim Foerster, Nico Ramon Kleemann, Gerhard Liebmann
Trailer:
Deutscher Serienstart: 19.02.2021
Kritik:
Drama zu Weihnachten? Familienstreit der gerne mal eskaliert? Zumindest die optische Härte ist durchaus von Beginn an da, wer jetzt denkt hier in der Serie ist alles Weichgespült der irrt, aber zugegeben, die Charaktere sehen zunächst nicht so aus, wie man sich das als Kenner der Drogenszene vorstellt und es sollte auch eine ganz schöne Geduldsache werden.....
Die erste Episode ist völlig überflüssig, die Handlung wird erst mit Episode 2 in Grunde langsam vorangetrieben. Also der Einstieg der Serie ist definitiv nicht gelungen. 13 bis 15 wäre das richtige Alter für den Stoff von Christiane F. gewesen, denn schließlich will man den Kinderstrich hier sehen (laut Filmtitel) und nicht den von Edelnutten oder wie sie dazu werden. Schon allein um ihre Abhängigkeit vom Elternhaus glaubhaft zu machen, müssten sie jünger sein. Unsere Christiane in der Serie ist 22 Jahre alt und somit zündet das bedrückende Geschehen um die Familien nicht so ganz, die Jugendlichen bewegen sich zudem bis Ende Episode 4 auf Basis von Studenten aus recht reichen Familien. Es funktioniert somit nicht den jugendlichen Zeitgeist von der Straße rüber zu bringen und in Grunde hätte ich die Serie hier auch abbrechen können.
Warum die Jugendlichen gleich mit harten Drogen anfangen, kommt ebenfalls nicht rüber, auch deren zu modernes Outfit und Haarstyle, ja die Ponyfrisur bei allen Studenten passt nicht in die 80er und passt auch nicht zu einem Junky. Die Diskomusik stammt nicht aus den 80ern, die belanglosen Technobeats haben nur diesen einen Beat, mit radiotauglicher Frauenstimme manchmal noch, könnte die Discomukke vom Jahr 2010+ stammen und fetzt rein garnicht, man hat sich mit der Musik dieser Zeit also überhaupt nicht auseinander gesetzt. Der Luftgitarreneinsatz der Teens bei einer David Bowie Veranstaltung in einer Technodisse ist zudem mal ganz schön peinlich ausgefallen.
Christiane läuft teils mit exorbitanter Fell-Klamotte herum, die von Leroy Sané ausgeliehen sein könnte, unglaublich so was für diese Rolle. Jana McKinnon ist als Christiane F. aber sehr gut gewählt, ihre spätere Drogensucht wird glaubhaft dargestellt, also das sie Abhängig, „Drauf ist“ und auch die Drogen-Entziehungssituationen kann sie meistern und eine gewisse Authentizität bewahren, trotz der falsch gewählten Frisuren. McKinnon damals entdeckt in einem Österreichen Undergroundkultfilm Namens „Revanche“, in einer sehr kurzen Rolle zu sehen, dies hat aber als Sprungbrett gereicht später in den auch mit Drogenthematik bestückten Wach eine wichtige Hauptrolle zu spielen, daher passt es auch gut, sie als Christiane F. Ins Rennen zu schicken, zumal sie ähnlich wie das Original ausschaut, aber halt doch eigentlich schon zu Alt für diese Rolle ist, wie alle anderen Teenager auch. Zumindest bekommt sie nun die Chance International noch was zu reißen, denn die Serie kam bei Amazon Prime durchaus gut an und die Internationale Kritik war zufrieden stellend, auch wenn es nicht der Hit für jede Altersklasse wurde, insbesondere nicht von Kenner des Originals oder des Drogenstrichs früher in Berlin.
Michelangelo Fortuzzi bekommt nach Im Niemandsland und Alles Isy nun die Rolle seines Lebens, die er wohl schon länger so wollte, als Geliebter von Christiane F. funktioniert das im neuromantischen Style bestens für jüngere Zuschauer, es harmonisiert definitiv stark, als Paar sehen sie auch toll aus. In Sachen Drogenabhängiger spielt er es ganz gut, wie alle anderen Teenager auch.
Es gibt öfters Spritzen zu sehen die gesetzt werden, aber bei der Sauberkeit der ganzen Inszenierung wirkt das auch nicht so richtig hart, wenn die ersten Venen befüllt werden, erst mit Episode 5, wenn der Dreck auch da ist, wird es glaubhaft.
Die Serie wirkt also etwas langweilig von Beginn an, auch wenn man es später erstaunlicherweise noch komplett zum Drehen bekommt. Die neuromantische Bildsprache alla Stranger Things + Twilight und ansprechender Naturkulisse hier und da wirkt, nur würde ein Dawid Bowie von früher trotzdem noch Blut weinen müssen, wie hier auf einem Plakat zu sehen, da die seelische Tiefe lange Zeit noch fehlt. Beste Szene dann plötzlich in Episode 5 mit einer Auspeitschung eines notgeilen Sacks und ab da sackt die Serie plötzlich rapide ab und das im positiven Sinne. Es bedarf 4(!!) komplette Episoden als Vorläufer, bevor die Serie richtig fahrt aufnimmt, bis dahin muss man erstmal kommen, wenn man sich nicht so sehr mit der romantischen Stimmung allein anfreunden möchte. Sobald die Teenager dann in die Sucht verfallen sind, geht es schlag auf schlag. Es treibt die Teens aus dem Elternhaus, sie gehen Anschaffen, man sieht dann auch endlich mal was vom Strich und die der ganze Dreck haftet plötzlich an den Ponyfrisuren. Als ob jemand zum Regieteam laut gerufen hat „Jetzt gebt mal Gas!“ und es tatsächlich umgesetzt wurde. Die Dramatik zündet dann auch noch ganz gut. Es wird auch dann auf Musikstücke gesetzt abseits der misslungen Technodisse, die schön passen. Es gibt Drogentote unter den Teens, brennende Heroin-Löffel am Stück, Zuhälterei von Minderjährige, Zuhälter die ihre Dienstleisterinnen vergewaltigen, sowie Ausnutzen und wie man zum Zuhälter wird und warum junge Frauen überhaupt in die Fänge der Zuhälterei gelangen, einiges an Blut und Narben und auch eine ganz ordentliche Gerichtsverhandlung zuletzt, die allerdings einen völlig deplatzierten Lacher drin hat, wenn der Zuhälter plötzlich seine Liebe zu einer Prostituierten gesteht, dass ist noch der 2. große Fremdschämen-Moment der Serie und zeigt das einige Entscheidungen für die Serie einfach zu Scheiße waren.
Die Serie funktioniert mit der neuromantischen Bildsprache für Jugendliche der besseren Gesellschaft gut, alle anderen steigen mit Episode 5 dann ein, wenn die Drogensucht endlich zum Tragen kommt.
Christiane F. - Die Edelnutte:
„Ich hatte mal 11 verschiedene Freier an einem Tag, dass ist eine Fußballmanschaft.“