Bübchen




    • Produktionsland: Deutschland
      Produktion: Rob Houwer Film, München
      Erscheinungsjahr: 1968
      Regie: Roland Klick
      Drehbuch: Roland Klick
      Kamera: Robert van Ackeren
      Schnitt: Jane Sperr
      Spezialeffekte: -
      Budget: ca. -
      Musik: Siegfried Koch
      Länge: ca. 79 Min.
      Freigabe: FSK 16
      Darsteller: Elisabeth Ackermann, Ulrich Beiger, Jürgen Jung, Gerda-Maria Jürgens, Hans Kahlert, Renate Roland, Sieghardt Rupp, Hubert Suschka, Sascha Urchs, Edith Volkmann


      Inhalt:

      Monika, die Tochter der Nachbarn passt nicht auf, und der kleine Achim tötet seine Schwester. Ob aus Absicht, Neugier, Eifersucht, Unachtsamkeit oder einfach nur Langeweile wird nie geklärt. Die Präzision und Gemütsruhe mit der Achim die Leiche des Babys auf einem Schrottplatz verschwinden lässt, stießen 1969 beim Publikum auf völliges Unverständnis und entfachten einen Sturm der Empörung in der Filmpresse.


      Trailer:
      -

      Blu-Ray: 14.06.2019



      Es ist Deutsch in Kaltland

      Nein, Bübchen ist kein Vampir und diesen Film von Roland Klick in irgendeiner Art mit dem blutgierigen Geschöpf der Nacht in Verbindung zu bringen, oder die Ausrichtung des Filmes in irgendeiner Form ebensolche Tendenzen anzuhaften bzw. in als solchen in irgendeiner Form zu interpretieren, oder Parallelen aufzustellen, wäre sinnlos und verquer, denn Bübchen, das engelshafte Gesicht der Unschuld, der trostlose, der Depression verfallenen Gestalt des kleinen Motivationslosen möchte man eher nachsagen, dass es ein zu Unrecht in Vergessenheit geratener Soziopädagogikdrama ist, der seine Dinge indirekt und alles andere als bieder anfasst.


      Während andere deutsche Dramen in ihrer kritischen Erschöpfung auf eine direkte Mahnung pochten und in ihrer zeitgenössischen Art mehr propagandistisch waren, vermag es Bübchen auf eine derart intelligente Art Dinge zu zeigen, die man aber zwischen den Zeilen erahnen muss. Auf fast schon emotionslos kalte Art und Weise schafft Klick ein Abbild einer vorörtlichen Kleinfamilienszenerie, in ihren Grundankern bodenständige und mit geringen Mitteln befestigte Persönlichkeiten, Proletarier, symphatische, simple Kleingeister, die sich in ihrem Dasein zwischen Trostlosigkeit, falschen Hoffnungen und Belanglosigikeiten quälen. Ein Tag ein, Tag aus und weiter Richtung Mohnotonie.


      Der grösste Träger dieses Schauspiels, dessen Ziel und Richtung man sich noch nicht bewusst sein kann, sind sicher die Resignation des eignen Ichs dargebotenen Dialoge, dessen Ventil simpler Alltagsstruktur den eigentlichen Charakter des Filmes ausmacht. Es ist eine kalte Verzweiflung, die der Regisseur in trostloser, nahezu schon boshafter Mohnotonie, so als hätte er nichtmal eine eigene Motivation, in kühlen, substanzlosen und fast schon wirren Bildkomposition darlegt. Klicks Kamerarbeit ist simpel, nahezu typisch Deutsch, fast schon unproffesionell träge drauf los, aber so bezeichnend für den Film, dass es in seiner Starrheit fesselnd ist.


      Klicks Protagonist, das Bübchen, ist ein ungewöhnliches Kind. Er lacht nicht, er ist mürrisch, er spielt nicht gerne. Er ist wortkarg, er fotografiert, er sammelt den Müll vergangener Generationen um sein Reich zu bauen. Er ist gezeichnet von dem alltäglichen Festfahrens seiner mündigen Eltern, die sich in ihrem bodenständigen, eingezwengten Leben zwischen Grubenarbeit und Haushaltstress ihre Freude im Alkohol suchen. Er ist nahezu allein gelassen.

      Allein gelassen von seinen Eltern, mit seiner kleinen Schwester, die er alsbald mit einer Plastiktüte erstickt. Ein Moment, der damals von der Presse zerissen, hinterfragt und nicht gutgehiessen wurde. Ein nahezu emotionsloser Moment, ein Moment, in dem der Film vorgeht, als wäre dies eine Selbstverständlichkeit. Splatting Image erwähnt, dass dem Film erst nach langer Zeit die Ehre zuteil wurde, die er wirklich verdient. Roland Klick sagt in Interviews, dass damals nur einer sagte, dass ihm der Film gefällt. Spricht das für unser Land, da sie den Film möglicherweise nicht verstanden haben? Während viele deutsche zu sehr auf bedeutungsschwer, zu sauber auf Erklärung heraus konzipiert sind, vermischt Bübchen seine fast schon lebensverneinende Trostlosigkeit in genau einer solchen trostlosen, emotionslosen Ausrichtung.


      Klick garnt um die Tötung der kleinen Schwester eine Kriminalstory, die ihresgleichen sucht. Nun, sie ist weder spannend, aber sie erzählt eine Geschichte über Menschen, wie aus dem Leben gerissen. Der Vater ein traurigdreinblickender Trinker, die Frau eine Hausfrau in Spe, das Mädchen von nebenan eine quirlige Teenagerin. In ihrem auf ihr eignes Wohl gepressten Dasein spannt sich um die ganzen Charaktäre ein Netz aus Lügen, in dem Verdächtige ausgemacht werden, Schuldige als Täter verspottet werden, und scheinbare Lieblinge die eigentlichen Täter sind. Der Ausgang des Ganzen nimmt sich Klick als genauso ernüchternde Situation vor, wie eigentlich das ganze Lebenskonstrukt im Film gezeigt wird. Ein Bild ohne Gewissen, eines Festfahrens in Gewohnheiten, auch wenn alles anders. Die kleine Tochter ist tot, doch der Alltag geht weiter. Sie sitzen am Mittagstisch, die Häupter sind gesenkt, die wahre Reinheit zählt weiterhin mehr als die reine Wahrheit.

      "Nimmst du bitte die Serviette." CUT.


      Fazit:
      Bübchen ist alles andere als ein Vampirfilm , wie uns zum Beispiel der absolut unpassende Alternativtitel "Der kleine Vampir" weismachen will. Bübchen ist ein intelligent erzähltes und absolut kühles Drama über das Leben, ein Abbild deutscher Trostlosigkeit, dem Dasein der Hoffnungslosen, in ihrer Belanglosigkeit zu mündigen Zombies werdend, ohne Gewissen auf ihr eignes Wohl pochend. Bübchen wird wohl genauso wie damals die Gemüter spalten, denn er ist in seiner Indirektheit zu direkt, um ebensolche Deutsche aufzurütteln. Er liefert keine Erklärungen, keine psychischen Beweggründe, er erzählt einfach nur.

      Wenn man so möchte ein Meisterwerk für Intellektuelle, Denker, Depressive, Optimisten und Querdenker.

      83%

      [film]8[/film]
    • Coooooooooooool! Ich weis gar nicht ob ich den kenne, glaube aber nicht, bin aber nun sehr neugierig drauf geworden! Besonders dein letzter Satz für wen der Film geeignet ist hat Kultcharakter lol :prop:
      Mein Herz schlägt für meine Mama &
    • Man mag meinen krypisch, widersprüchlich, direkt und indirekt...
      Vielleicht auch ein Film für depressive Optimisten. Oder auch für optimistische Depressive.
    • Je mehr ich über den Film nachdenke, denke ich, dass meine 8 Punkte noch viel zu wenig sind. Ein grossartiger Film. Wahrhaftig.
    • Starkes Review fun! :6:
      Der Einbezug der Bilder gefällt mir auch sehr gut. Das wirkt absolut stimmig, mein Freund!
      Klasse! :prop:
      Ja, von dem Film habe ich auch schon gehört. Den muss ich mir unbedingt mal anschauen! Aber ihn als " Vampirfilm " zu deklarieren!? Was haben manche Leute damals nur gedacht? Vielleicht nen Werbegag oder so was ähnliches... lolp
      Hurley: "Hat der Vogel gerade meinen Namen gerufen?"
      Sawyer: "Ja hat er...Und gleich danach hat er Goldklümpchen gekackt."
    • Original von Sawyer
      Starkes Review fun! :6:
      Der Einbezug der Bilder gefällt mir auch sehr gut. Das wirkt absolut stimmig, mein Freund!
      Klasse! :prop:
      Ja, von dem Film habe ich auch schon gehört. Den muss ich mir unbedingt mal anschauen! Aber ihn als " Vampirfilm " zu deklarieren!? Was haben manche Leute damals nur gedacht? Vielleicht nen Werbegag oder so was ähnliches... lolp


      Das ist doch noch harmlos. Die crazy, deutsche Titelschmiede hat da ganz anderes verbrochen. Man denke z.B. an den Bauernschwank "Das Mädchen vom Hof" (1979), der während der 80er-Jahre-Zombiefilmwelle einfach nochmal als "Der Irre vom Zombiehof" rauskam, obwohl es in dem Streifen, der natürlich kein Horrorfilm war, nicht einen einzigen Zombie gab.
      lolp
      Allein der Schmerz vermag es, dich spüren zu lassen, dass du wirklich existierst.
    • Kritik:

      Bübchen ist ein ruhiger aber doch sehr intensiver und interessanter Film. Es wird früh aufgezeigt wie unser junger Hauptcharakter Achim seine Schwester durch eine Plastiktüte zur Strecke bringt und sie anschließend auf eine Holzkarre wegfährt und versteckt, während die Eltern ausgegangen sind und das Kindermädchen dem sexuellem Trieb nachgeht, statt sich um die Kinder zu kümmern. Gespielt wird Achim von „Bübchen“ Sascha Urchs, seine einzige Filmrolle, wo er als Laie groß auftrumpfen kann. Regisseur Roland Klick verrät in einem im späteren Interview (ist auf der DVD), weshalb er sich für Sascha Urchs entschieden hat und zwar weil er anders ist als Kinder in seinem Alter, also ein verschlossener, mysteriöser Charakter und Urchs musste hier nicht schauspielern, er musste also nur er selbst sein und das funktioniert für den gestörten Filmcharakter den er spielen soll bestens. Sehr im Gedächtnis bleibt auch das Hausmädchen Renate Roland, sie schaut sehr erotisch aus und wirkt kackfrech. Der Film hat an sich wenig Gewaltszenen, es ist die enorme Charaktertiefe und das was der Zuschauer über die Personen weis, aber was die Charaktere untereinander nicht wissen, dass macht den Stoff so gut. Vor allem da es sehr krank zur Sache geht und die Personen auch oft Lügen. Inhaltlich zu verstörend insbesondere für die späten 60er Jahre, denn Roland Klick sein Debütfilm viel bei den Kritikern und anderen Filmregisseuren der damaligen Zeit in Ungnade. Was auch verständlich ist, denn solch ein Szenario könnte sich in ähnlicher Weise jederzeit irgendwo abspielen, wo ein Kind aus Unwissen heraus zur Mordmaschine wird, weil die Eltern und das Hausmädchen nicht richtig aufgepasst haben. Überraschende Wendungen hat der Film zudem auch parat, wo die Vaterrolle des Achim für ein makaberen finalen Paukenschlag sorgt, der sich allerdings nur in der Psyche abspielt, wo nur der Vater weis was wirklich geschehen ist und die vorgegaukelte heile Welt dann doch einen derben Beigeschmack aufweist.

      Absolut Pflicht für jeden Fan abseitiger, verstörender und realistisch wirkender Geschichten.

      [film]9[/film]
    • Ehm, der gehört aber schon eher ins Bereich Drama? Oder doch lieber Fantasykomödie? Ach nee, ham wa nich, na dann Sciencefiction.
    • @Doom Siehst Du hier mal wieder ein typisches Beispiel den Film könnte man als Drama einordnen er ist aber andererseits auch in dieser Rubrik richtig aufgehoben.War ja zu seiner Zeit ein Kontroverser bzw.Skandalfilm.Desweiteren ist es mir absolut unverständlich das dir so ein Film gefällt.Schon wieder muss ich dir Recht mit deinem Review geben was in letzter Zeit jetzt schon ein paar mal vorkam.Solltest du doch noch ein Faible für gute anspruchsvolle/gute Filme entwickeln. :0:
    • Der Titel "Der kleine Vampir" ist ja mal so was von bescheuert, aber so was von, naja.
      Endlich hatte ich die Gelegenheit diese Filmperle zu sehen, und wie meine Vorredner kann ich wenig finden was ich zu bemängeln hätte.
      Regisseur Klick scheut sich nicht ein furchtbares Thema aufzuzeigen und Bilder zu inszenieren die Dauerhaft im Kopf bleiben.

      [film]8[/film]
      Mein Herz schlägt für meine Mama &
    • Einer von Deutschlands wichtigsten Virologen und Bekämpfer des Corona Virus Alexander S. Kekulé, ist doch tatsächlich der Hauptdarsteller des Achim gewesen, unter seinem Schauspielernamen Sascha Urchs.



      Mein Herz schlägt für meine Mama &